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Ökolandbau NRW

Der Wolf erhitzt die Gemüter

04.04.2025
(v.l.n.r.) Diskutierten über den Wolf: Dr. Frank Wörner, Anna Maister, Dietmar Tüschenbönner, Hermann Carl, Simon Darscheid und Johannes Brünker. 

Die Kreisbauernschaft Bonn/Rhein-Sieg und die Kreisstelle Rheinkreise der Landwirtschaftskammer NRW haben Ende März zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Wolf ein. Sie stand unter dem Titel „Die Zukunft der Landwirtschaft im Angesicht des Wolfs: Chancen und Herausforderungen“.

Treffpunkt zur Podiumsdiskussion war der Kiefferhof in Ruppichteroth. Dietmar Tüschenbönner, Kreislandwirt des Rhein-Sieg-Kreises, begrüßte die anwesenden „Freunde der Weidetierhaltung, Berufskollegen und Jäger“ und rief zu einer lösungsorientierten Diskussion auf. Anschließend folgten Impulsvorträge der Podiumsreferenten Dr. Frank Wörner, Zoologe und mehrjähriger Leiter der Eberhard Trumler-Station in Wolfswinkel, Hermann Carl, Wolfsberater im Bereich Eifel, und Simon Darscheid, Bezirksvorsitzender Bergisches Land des Schafzuchtverbandes NRW. 

Zoologe versucht, Sorgen zu nehmen

„Der Wolf hat die Gesellschaft gespalten und es ist sehr schwer Fachkenntnis in die Diskussion reinzubringen“, begann Dr. Frank Wörner seinen Vortrag, in dem er sich Fakes und Fakten rund um den Wolf widmete. Dabei ging er zunächst auf die Angst vor Wolfsangriffen auf Menschen ein. Diese Gefahr stufte der Zoologe als verschwindende gering ein. Laut Statistiken sei in einem Großteil der Fälle Tollwut die Ursache für Angriffe, in Europa habe in den letzten 20 Jahren allerdings keine Attacke tödlich geendet. „Es heißt immer wieder, Wölfe müssen bejagt werden, damit sie ihre Scheu nicht verlieren. Allerdings werden Wölfe bereits bejagt, zwar nicht legal, aber illegal“, erläuterte Dr. Wörner. Das würden Totfunde belegen, denn im Zeitraum von 1991 bis 2024 seien insgesamt 196 Wölfe illegal erlegt worden. Außerdem würden bei Untersuchungen von Wölfen, die an anderen Ursachen verstorben sind, immer wieder Munitionsreste gefunden. 

Was die Entwicklung der Wolfspopulation betrifft, wächst diese laut dem Zoologen nicht exponentiell, da die Kapazität von Biotopen, vor allem die Verfügbarkeit von Nahrung, begrenzend wirkt. Er sieht es jedoch auch als Mythos an, dass Wölfe die Wildbestände stark dezimieren, da die Jagdstrecken im Vergleich zu Jahren vor der Rückkehr des Wolfs angestiegen seien. 

Erfahrungen eines engagierten Wolfsberaters

Im Anschluss berichtete Hermann Carl, Jäger und Wolfsberater der ersten Stunde im Bereich Eifel, von den Erfahrungen, die er bei seinen mittlerweile 66 Einsätzen nach Weidetierrissen gemacht hat. Seine Aufgabe ist es, die gerissen Tiere für eine DNA-Analyse zu beproben und die Gegebenheiten vor Ort zu dokumentieren. „Das ist schrecklich mit anzusehen und die Menschen sind nervlich am Ende“, erzählte er. Bei einem Fall, der ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, sind insgesamt 76 Tiere dem Wolf zum Opfer gefallen. Und das trotz eines Zauns, der höher war, als es für den Herdenschutz empfohlen wird. 

Bei seinen Einsätzen hat es den Wolfsberater am meisten belastet, dass es ihm nicht zustand, die schwerverletzten Tiere von ihrem Leid zu erlösen. „Bis ein Tierarzt rauskommt, wird es meistens Nachmittag und die Tiere liegen da mit herausgerissen Organen. Wir Jäger dürfen nur Wild töten, aber keine Haustiere“, erklärte er. Deshalb bemühte er sich um eine Ausnahmegenehmigung, um schwerverletzte Tiere nach Wolfsrissen euthanasieren zu dürfen. Das war jedoch ein langer Kampf, denn fast drei Jahre ist der ehemalige Polizist von einem Amt zu anderen gelaufen und war sogar beim Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin. Schlussendlich gab es dann Zustimmung von Veterinäramt, Polizeibehörde sowie Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV). Die 450 € für die Genehmigung durch die Polizei hat er allerdings aus eigener Tasche bezahlt. „Wenn man sieht, wie Politiker in jüngster Vergangenheit wahnsinnig schnell handeln, wenn es darum geht, mit Milliarden um sich zu schmeißen, wünsche ich mir dieses Tempo auch bei der Wolfspolitik“, machte Hermann Carl deutlich.

Politik handelt nicht 

Simon Darscheid berichtete, wie die Rückkehr des Wolfs seine Arbeit als Schäfer verändert hat: Das Einzäunen der Weiden ist deutlich arbeitsaufwendiger geworden und er hat für seine 200 Mutterschafe seit mittlerweile fünf Jahren zwei Herdenschutzhunde. Der Schäfer geht allerdings davon aus, dass die Hunde in etwa zwei Jahren in Rente gehen müssen, sodass er dann neue benötigt. Die Anschaffung von Herdenschutzhunden wird zwar vom Land NRW gefördert, der Unterhalt allerdings nicht. „Uns wurde immer gesagt, der Unterhalt von Hunden und Zäunen wird gefördert, aber es passiert nichts“, ärgert sich der Bezirksvorsitzender des Schafzuchtverbandes NRW. In Rheinland-Pfalz werde Herdenschutz besser gefördert. Außerdem seien die Wolfsberater dort hauptamtlich tätig und dementsprechend besser geschult und ausgestattet. „Ich war vor zwei Wochen als Experte im NRW-Landtag bei einer Anhörung zum Thema Wolf geladen. Da gab es wieder nur Diskussionen, bei denen am Ende nichts herumkam. Es ist immer nur ein Vor-Sich-Herschieben“, beklagte er. In seinem Bezirk hätten mittlerweile 27 Schafhalter aufgegeben - aufgrund sich häufender Wolfsrisse. „Ich wünsche mir, dass unsere Tiere endlich gleichwertig gesehen werden, wie die Wölfe“, betonte er.

Mehr Öffentlichkeitsarbeit

Damit hat Darscheid vielen Tierhaltern aus der Seele gesprochen, denn die Sorgen und der Unmut über den Wolf sind groß. Das wurde in der anschließenden hitzigen Diskussion deutlich, die von Anna Maister, Geschäftsführerin der Kreisstelle Rheinkreise, moderiert wurde. Zum Abschluss der Veranstaltung fasst Johannes Brünker, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Bonn Rhein-Sieg, passend zusammen: „Wir sind hilflos und haben mit unseren Sorgen keinen Rückhalt in der Gesellschaft.“ Deshalb sei es so wichtig, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und Nöte der Tierhalter nach außen zu tragen. Mit Blick auf die zukünftige Wolfspolitik sagte er: „Gesetze können geändert werden, dafür setzt sich der Bauernverband ein“. 


Katrin John/LZ Rheinland