Landwirtschaft schafft Zuversicht: 9 Thesen zur Stärkung von Demokratie
„Lust statt Frust! Landwirtschaft stärkt Demokratie!“: Der DLG-Ausschuss „Entwicklung ländlicher Räume“ hat ein Thesenpapier mit neun Thesen zum Zusammenspiel von Landwirtschaft, ländlichen Räumen und demokratischer Grundordnung veröffentlicht. Die Intention ist ein konstruktiver Streit als Beitrag für den Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Das gesellschaftliche Leben wird gegenwärtig von politischen Krisen, geopolitischen Spannung und wirtschaftlichem Abschwung überschattet. Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wird dadurch zunehmenden Belastungsproben unterzogen. Mit seinem Thesenpapier „Lust statt Frust! Landwirtschaft stärkt Demokratie!“ richtet der Ausschuss für „Entwicklung ländlicher Räume“ der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) den Appell an Akteure der Landwirtschaft, in einen konstruktiven Diskurs mit Stakeholdern aus Gesellschaft und Politik zu treten. Die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung sowie anhaltende Herausforderungen durch den Klimawandel und Artenschwund machten es unabdingbar, Zuversicht zu erzeugen und positive Kernbotschaften für eine zukunftsbejahende Landwirtschaft im Kontext der demokratischen Gesellschaft zu formulieren.
Der deutschen Landwirtschaft kommt die wichtige Aufgabe zu, hochwertige und bezahlbare Nahrungsmittel in einer Weise zu produzieren, die ökologisch wie auch ökonomisch und sozial nachhaltig ist. Bemühungen, diese Aufgabe durch Politikempfehlungen breit aufgestellter Kommissionen zu befördern, haben wenig Wirkung gezeigt. Zugleich haben sich die Rahmenbedingungen für zielgerichtete Veränderungsprozesse verschlechtert. Ursache sind knappere Mittel privater und öffentlicher Haushalte, geopolitische Spannungen, der fortschreitende Klima- und demographische Wandel sowie insbesondere eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung.
Im Kontext dieser enormen gesellschaftlich-politischen Herausforderungen sowie der Bauernproteste im Winter 2023 / 2024 hat der DLG-Ausschuss Entwicklung ländlicher Räume neun Einzelthesen formuliert. Das daraus entstandene Thesenpapier setzt sich damit auseinander, welchen positiven Beitrag die Landwirtschaft zur Stärkung unserer demokratischen Gesellschaftsordnung leisten kann. Die Bauernproteste sind Ausdruck demokratischer Teilhabe, lautet eine Schlussfolgerung aus dem Thesenpapier. Die insgesamt positive gesellschaftliche Resonanz, welche die Proteste seinerzeit erfahren haben, bietet Anlass zur Zuversicht für eine fruchtbaren Dialog von Landwirtschaft, Gesellschaft und Politik. Voraussetzung ist eine konstruktive Streitkultur, so die Verfasser des Thesenpapiers.
Landwirtschaft ist Teil der Lösung
Konkret soll sich Landwirtschaft als Teil der Lösung ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen verstehen, argumentieren die Autorinnen und Autoren des Thesenpapiers. Moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz und die Biotechnologie ermöglichen eine nachhaltigere und produktivere Landwirtschaft, die sowohl ökologischen als auch sozialen und ökonomischen Anforderungen gerecht werden kann. Überbordende Bürokratie führt dagegen zu Frustration und Lähmung innerhalb der Branche. Zudem sind bürokratische Prozesse vielfach angesichts der Heterogenität der Produktionsbedingungen wenig effektiv in der Bewältigung ökologischer und sozialer Probleme. Bürokratieabbau alleine löst jedoch nicht die Probleme. „Mehr Eigenverantwortung kann eine Alternative bieten, sofern die in der Land- und Ernährungswirtschaft tätigen Akteure ihre Wirtschaftsweisen reflektieren und bereit sind, Probleme zu benennen und dafür eintreten, diese abzustellen“, halten die Expertinnen und Experten dazu fest.
Landwirtschaft ist vielfältig und integrativ
„Maßstäbe zurechtrücken – die Landwirtschaft ist wichtig, aber nicht alles!“, lautet eine weitere These. Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln sind wichtige und zugleich emotionale Themen, die eine sachliche Auseinandersetzung erfordern. Die Diskussionen über diese Teilaspekte aber dürfen nicht den Blick auf die vielen anderen wichtigen und drängenden Themen unserer Gesellschaft, der ländlichen Räume oder der Umwelt verstellen. Mit diesem Bewusstsein gelingt es im Streit über landwirtschaftliche Themen auch, den Blickwinkel zu ändern und Bedürfnisse anderer Beteiligter zu verstehen, um gemeinsam Lösungen zu finden, ist der DLG-Ausschuss für Entwicklung ländlicher Räume überzeugt. Zudem ist die deutsche Landwirtschaft vielfältig, muss jedoch strukturelle Benachteiligungen von Frauen überwinden und eine integrative Willkommenskultur entwickeln. Umso wichtiger ist es, dass sich die Landwirtschaft Vielfalt, Toleranz und freiheitlichen Werten verschreibt und engagiert für diese eintritt.
Streiten lernen für eine Politik zum Wohle aller
Demokratie lebt von Kompromissen, lautet eine weitere zentrale These. Demokratischer Streit braucht daher Werte wie Toleranz, gegenseitige Wertschätzung, Offenheit und Aufrichtigkeit. Streiten will zudem gelernt sein. Trainings der Debattenkultur stärken nicht nur die Fähigkeit manipulative Mechanismen zu erkennen und zu entlarven, sondern auch unfruchtbarem Streit sowie der Verbreitung von Unwahrheiten und Hass entgegenzutreten.
Eine zukunftsfähige Landwirtschaft braucht breite Unterstützung, lautet ein zentraler Appell der Autorinnen und Autoren. „Die großen Fragen der Landwirtschaft lassen sich nicht in einer Legislatur lösen, sondern brauchen ein breites Mandat in Politik und Gesellschaft sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Land- und Ernährungswirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft“, heißt es dazu in den neun Thesen. Das erfordert auch innerhalb der Landwirtschaft ehrliche Auseinandersetzungen über Kompromisse und Politiken zum Wohle aller, nicht nur der Landwirtschaft.
DLG e.V.