Die Landwirtschaft zeigt immer wieder aufs Neue ihre Innovationskraft und die Fähigkeit, mit unterschiedlichsten Umweltbedingungen umzugehen. Der Einsatz von Drohnen ist mittlerweile breiter in der Praxis angekommenen - in vielfältigen Einsatzgebieten.
Eine eher ungewöhnliche Art der Anwendung kam in diesem Jahr durch die anhaltende Nässe im Frühjahr aus der Not geboren und zeigte durchaus Potenziale für weitere Entwicklungen. Die Düngung mit der Drohne. Der Winter 2023/24 brachte so viele Niederschläge wie lange nicht. Die langjährige durchschnittliche Niederschlagssumme der Monate Oktober bis März über ganz Nordrhein-Westfalen beträgt etwa 360 mm, wobei es regional und jährlich zu starken Abweichungen kommt. Eine starke Abweichung des langjährigen Mittels gab es im Winter 2023/24 mit durchschnittlich 620 mm in NRW. Besonders hervorzuheben sind hier die Monate Oktober, November und Dezember, in denen es nahezu die doppelte Niederschlagsmenge im Vergleich zum vieljährigen Mittel gab. Dementsprechend feucht und nass waren viele Böden zum Beginn des Frühjahrs.
Helikopter einsetzen
Trotz Ende der Düngesperrfrist am 1. Februar 2024 sind viele Flächen nicht befahrbar gewesen, weder mit Gülleausbringtechnik, noch mit leichteren Fahrzeugen zur Ausbringung von Mineraldüngern. Die Situation stellte sich in anderen Bundesländern ähnlich dar. Dort griffen einzelne Betriebe zu ungewöhnlichen Maßnahmen: sie düngten ihre Flächen zum Teil mit dem Helikopter. Was völlig unrealistisch und unrentabel erscheint, war vor allem in früheren Zeiten der DDR häufige Praxis. Tagesleistungen von bis zu 800 ha am Tag sind mit entsprechender Technik und Logistik realistisch - und das, ohne die Flächen mit schweren Maschinen befahren zu müssen. Heutzutage kennt man den Einsatz solcher Technik in starken Hanglagen, beispielsweise im Weinanbau oder bei der Ausbringung von Kalk im Wald.
Düngen auf Teilschlägen
Nun sind die Flächen und Betriebsgrößen in den neuen Bundesländern oftmals nicht vergleichbar mit denen im Westen. Aber die hier eingesetzte Technik entspricht in Grundzügen der dortigen. Einzelne Landwirte und Lohnunternehmen brachten nämlich erste Düngermengen auf (Teil-)Schlägen mit Drohnen aus. Insbesondere Flächen mit schweren Böden und/oder die Staunässe vorwiesen und entsprechend lange nicht befahrbar gewesen wären, sind für eine erste Düngergabe in geringer Menge und in mineralischer Form in Betracht gezogen worden. Wichtig für eine legale Düngung im Sinne der Düngeverordnung war, dass die Flächen nicht wassergesättigt und gefroren waren, sodass eine Aufnahme des ausgebrachten Düngers von den Pflanzen zur Verwertung sichergestellt werden konnte. In vielen Regionen ließ der Regen zwischenzeitlich nach, die Oberflächen schienen abgetrocknet und befahrbar zu sein. Dennoch wurden zahlreiche erste Düngergaben aufgrund von festgefahrenen Traktoren wieder abgebrochen, weil der Untergrund noch nicht ausreichend tragfähig war.
Bei einer monatlichen Durchschnittstemperatur von 6,6° C im Februar über ganz NRW war jedoch schon frühzeitig Düngebedarf gegeben, zumal der eingangs Winter noch vorhandene Stickstoff sowie der zu Vegetationsstart ebenfalls wichtige Nährstoff Schwefel durch die ergiebigen Niederschläge vielfach in untere Bodenschichten, welche in frühen Vegetationsstadien nicht pflanzenverfügbar sind, verlagert wurden.

Foto: Dr. Hans-Peter Grothaus

Foto: Dr. Hans-Peter Grothaus
Drohnenflug als Dienstleistung
Lohnunternehmer Dr. Hans-Peter Grothaus aus Bielefeld bietet als einer von wenigen in Deutschland Drohnendienstleistungen an. Darunter die Bestandsanalyse von Ackerflächen, Aussaat- und Applikationskartenerstellung, Maiszünslerbekämpfung mit Schlupfwespen, wie auch die Aussaat und Düngung mit Agrardrohnen. Zum Einsatz kommt hierbei eine DJI Agras T30, eine der größten zurzeit verfügbaren Agrardrohnen. Sie bietet eine maximale Nutzlast von 40 kg und kann mit Sprühdüsen zur Ausbringung flüssiger Nährstoffe oder einem spiralbesetzen Streuteller zur Ausbringung von gekörntem Dünger ausgestattet werden. Beides hat Grothaus auf seinen eigenen Flächen zum Test ausprobiert. Beides funktioniert nach Rückmeldung des Praktikers, der neben dem Lohnunternehmen und einer Softwarefirma noch einen landwirtschaftlichen Betrieb führt.
Aufgrund der begrenzten Tragkraft und der eingeschränkten Akkukapazitäten werden bei der Düngung mit der Drohne tendenziell geringere Mengen pro Hektar ausgebracht. Bei ausreichend Zeit kann auch mit einer Drohne übliche Standard-Startgaben in Höhe von 60 kg Stickstoff pro ha und mehr ausgebracht werden. Dann wird das System für den Kunden im Verhältnis allerdings oftmals zu teuer, weshalb Grothaus zunächst nur kleinere Gaben in Betracht zieht. AHL mit etwa 20 l/ha oder KAS sowie Harnstoff mit Ausbringmengen von etwa 30 kg je ha sind mit vertretbarem Zeit- und Personalaufwand realistisch. Inwiefern die verhältnismäßig geringen Stickstoffmengen zu möglichen Mehrerträgen gegenüber der üblichen Ausbringung mit Mineraldüngerstreuer zu einem späteren Zeitpunkt führen, ist noch nicht durch Exaktversuche untersucht.
Grothaus selber nimmt mit der Düngung per Drohne insbesondere die Startgabe oder Andüngung auf Flächen in den Fokus, welche erst spät im Frühjahr befahrbar werden, jedoch schon erkennbaren Nährstoffbedarf vorweisen. Im Anschluss an die Andüngung soll mit üblicher Technik gefahren werden. Zwischenzeitlich haben die Pflanzen die Nährstoffe der ersten Startgabe vermutlich schon verarbeitet und verwertet.
Teuer, aber bodenschonend
Die Standardtechnik ist zweifelsohne zum jetzigen Zeitpunkt um ein Vielfaches schlagkräftiger und entsprechend günstiger als die Agrardrohne, hat allerdings den Nachteil der verspäteten Befahrung. So sieht es auch Christian Baumeister vom Drohnenservice Baumeister. Er ist Landwirt und Drohnenpilot. In diesem Jahr hat Baumeister ebenfalls auf knapp 250 ha umfangreiche Erfahrungen mit der Ausbringung von Mineraldünger mit Drohnen sammeln können. Die ausgebrachten Mengen waren je nach Auftrag in der Höhe von bis zu 200 kg KAS/ha sogar vergleichbar mit der Standarddüngung mit üblicher Großtechnik. Christian Baumeister empfiehlt für die Düngung mit Drohnen den Einsatz von Harnstoff, da dieser im Verhältnis von Gewicht zu ausgebrachtem Nährstoff am besten geeignet ist.
Die Drohnen fliegen in etwa 3 bis 5 m über dem Bestand und verteilen die Nährstoffe. Bei guter Logistik und routiniertem Personal sind in Abhängigkeit der Ausbringmenge Flächenleistungen von 3 bis 4 ha je Stunde realistisch, so die Aussagen von Grothaus und Baumeister. Zum Einsatz kommen kann jeder verfügbare Flüssigdünger. Auch gekörnter Mineraldünger, der sonst mit dem Mineraldüngerstreuer ausgebracht würde, lässt sich mit der Drohne verteilen. Empfehlungen zu Höhe und Fluggeschwindigkeit für eine gleichmäßige Verteilung beruhen zurzeit noch auf Erfahrungen. Streuschalen könnten genutzt werden, um die Verteilung gekörnten Mineraldüngers zu überprüfen und Anpassungen auf den Ergebnissen aufbauend vorzunehmen.
Hochpreisige Schlagkraft
Bleibt die Frage nach den Kosten. Sicher ist, dass die Ausbringung mit der Drohne zum heutigen Stand eher die Ausnahme ist, unter anderem, weil sie teurer ist. Dienstleister mit entsprechender Technik und den Genehmigungen, fliegen zu dürfen, wie das Lohnunternehmen Grothaus oder Christian Baumeister, sind noch selten. Weite Anfahrten müssen bezahlt werden, genauso wie der Einsatz der Technik. Läuft diese, ist mit ihr durchaus Schlagkraft zu erzielen, auch wenn diese nicht an die übliche Ausbringtechnik herankommt. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass nicht jede Fläche beflogen werden darf. Genauere Informationen welche Flächen (nicht) beflogen werden dürfen, lässt sich über das Portal www.dipul.de vom Bundeministerium für Digitales und Verkehr einsehen.

Christian Baumeister vom Baumeister Drohnenservice hat in diesem Jahr auf etwa 250 ha Dünger mit seiner Drohne verteilt. Als Landwirt hat er Erfahrungen mit festen und flüssigen Düngern gesammelt. Für die feste Ausbringung empfiehlt er Harnstoff, da dieser zum großen Teil aus Stickstoff (46 % N) besteht. Foto: Alexander Czech, Landwirtschaftskammer NRW
Idee mit Potenzial
Die (An-)Düngung mit Drohnen war in diesem Jahr eine aus der Not heraus geborene Idee, welche jedoch auch für die Zukunft Potenzial bietet. Klar ist, dass die Technik mit Standardtechnik zum jetzigen Zeitpunkt kostentechnisch nicht mithalten kann. Andererseits hingegen bietet sie die Option, länger nicht befahrbare Flächen düngen zu können, ohne Bodenschäden zu verursachen. Ob dieses Jahr mit seinen Herausforderungen im Frühjahr lediglich ein Ausnahmejahr war, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch hilfreich zu wissen, dass es Technik gibt, auf die unter Umständen zurückgegriffen werden kann, falls die Notwendigkeit dazu gegeben ist.
Alexander Czech,
Landwirtschaftskammer NRW