
Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Die ökologische Schweinehaltung ist in Deutschland noch ein Nischenmarkt, der Anteil ökologisch erzeugten Fleisches an der gesamten Produktion beläuft sich laut AMI Strukturdaten auf 0,8 % - und wächst. Die rechtliche Grundlage des Ökolandbaus bildet EU-Öko-VO 2018/848 mit der Durchführungsverordnung 2020/464. Bezug auf den Wasserschutz nimmt in dieser Verordnung der Artikel 5 „Allgemeine Grundsätze“, weiterhin gibt es zwei konkrete Vorgaben, die sich hierauf beziehen: die flächengebundene Tierhaltung (unter anderem Teil II: Vorschriften für die Tierproduktion) und die Beschränkungen zum Einsatz von Tierarzneimitteln, um die Gefahr von Einträgen von Umwelt und Wasser belastenden Stoffen zu minimieren.
In der ökologischen Tierhaltung ist eine flächenunabhängige Tierproduktion verboten. Die Gesamtbesatzdichte darf den Grenzwert von 170 kg organischem Stickstoff pro Jahr und ha landwirtschaftlicher Nutzfläche nicht überschreiten. Auch im Bereich der Fütterung gibt es konkrete Vorgaben, hier müssen bei Schweinen mindestens 30% der Futtermittel aus dem Betrieb selbst stammen, oder falls dieses nicht möglich ist, in derselben Region erzeugt werden. Kooperationen mit viehlosen oder -schwachen Betrieben, die so genannten Futter-Mist-Kooperationen, sind möglich, sowohl bei der Futtererzeugung als auch dem Nachweis der entsprechenden Dungfläche.
Der Gefahr eines Eintrags von Tierarzneien in die Umwelt - und somit ins Grundwasser - wird durch eine Reglementierung des Einsatzes von Tierarzneien begegnet. Grundlage für ein hohes Maß an Tiergesundheit sollen vorbeugende Maßnahmen aus den Bereichen Rassenwahl, Haltung, Futter und Hygiene sein. Erkrankte Tiere müssen sofort angemessenen behandelt werden. Dafür sollen Mittel aus den Bereichen Homöopathie und Phytotherapie den Vorzug erhalten. Reichen diese nicht aus, muss beim Einsatz allopathischer Mittel die doppelte gesetzliche Wartezeit eingehalten werden.
Ökohaltung mit Alleinstellungsmerkmalen
Im Bereich der Haltungsvorgaben gibt es wesentliche Alleinstellungsmerkmale der ökologischen Schweinehaltung im Vergleich zur konventionellen Produktion, wie die Bereitstellung von zum Teil erheblich mehr Platz pro Tier und der verpflichtende Zugang zu Freigelände für alle Tiere bzw. Altersgruppen.
Die sogenannte Freilandhaltung ist dabei nicht dem ständig verfügbaren Zugang zu Außenflächen gleichzusetzen, da es sich bei letzterem in der Regel um befestigte Außenflächen am Stallgebäude handelt. Dem Leitbild der ökologischen Schweinehaltung kommt die Freilandhaltung sicherlich am nächsten, doch die Durchführungsrechtsakte der EU (VO 464 von 2020) sprechen lediglich von verbindlichen Außenflächen.
Zur konkreten Ausgestaltung von Außenflächen ist in den Richtlinien festgelegt, dass sie „mindestens zur Hälfte in fester Bauweise ausgeführt sind, d. h., es darf sich nicht um Spaltenböden oder Gitterroste handeln“ (EU VO 2020/464 Art. 11). Weiterhin darf „Freigelände teilweise überdacht sein“ (Teil II 1.6.5).
Die Auslaufhaltung
Der Begriff „Auslaufhaltung“ ist in der Schweinehaltungshygieneverordnung (§2 S. 11) wie folgt definiert: “Haltung von Schweinen in festen Stallgebäuden, wobei für die Tiere die Möglichkeit besteht, sich zeitweilig im Freien aufzuhalten“. Sie ist veterinärrechtlich anzeigepflichtig. Besondere Anforderungen an den Untergrund der Ausläufe sind hier nicht gestellt. Allerdings sind befestigte Schweineausläufe baugenehmigungspflichtig. Hier gilt es, unter anderem die Vorgaben der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) einzuhalten. Folgende Gefahren für den Gewässerschutz können sich aus dem arteigenen Verhalten von Schweinen in Auslaufhaltung ergeben: Die Tiere legen feste Kot- und Harnplätze an. Ziel der Auslaufhaltung ist in der Regel, dass sich diese Plätze im Auslauf befinden, was bei entsprechender Strukturierung und Anlage des Stallsystems gut funktioniert. Ausläufe sind aus diesem Grund ständig mit Jauche und Mist konfrontiert; sind die Ausläufe entsprechend der AwSV errichtet, kann es hier nicht zu Problemen mit dem Wasserschutz kommen. Auch das regelmäßige Ausmisten der Ausläufe muss bedacht werden, hier dürfen ebenfalls keine wassergefährdenden Stoffe, wie Jauche oder Mist, austreten, oder aber diese müssen aufgefangen werden. Auch dieser Bereich ist durch die Vorgaben der AwSV mit abgedeckt.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Auslaufhaltungen kein höheres Risiko für den Gewässerschutz darstellen als Haltungsverfahren ohne angeschlossenen Auslauf, wenn genannte Vorgaben entsprechend eingehalten werden.
Spezialfall Freilandhaltung
Eine Freilandhaltung ist laut Schweinehaltungshygieneverordnung die „Haltung von Schweinen im Freien ohne feste Stallgebäude lediglich mit Schutzeinrichtungen“, sie ist veterinärrechtlich genehmigungspflichtig. Besondere Anforderungen an den Standort werden hier nicht gestellt. Hinsichtlich des Wasserschutzes sind aber durchaus große An- und Herausforderungen festzuhalten.
Durch den Kotabsatz von Schweinen im Freiland kommt es zu einer Zufuhr von vorwiegend Stickstoff und Phosphor, verschärft wird dieses Problem durch die erhöhte Mineralisierung von organischer Substanz. Die Durchlüftung des Bodens und Zerstörung eines Bewuchses oder einer Narbe sorgt für N- Freisetzung. Weitere Parameter, die zu einer Erhöhung des Nmin (mineralisierter Stickstoff im Boden) unter besagten Flächen führen, sind unter anderem Futterreste an den Automaten und Durchfeuchtung aufgewühlter Bereiche durch gezieltes Pflegen einer Suhle, natürlichen Niederschlag, Wasser aus der Tränke. Somit ist die Gefahr einer Verlagerung in Oberflächen- und/ oder Grundwasser beziehungsweise einer Nährstoffanreicherung im Boden gegeben.
Die Verluste an den Futtereinheiten sollten auf ein Minimum reduziert werden, Futterverluste aufgrund zu kleiner Pellettierung und Verwendung ungeeigneter Tröge können insbesondere bei feuchter Witterung zu Nährstoffeinträgen führen. Stationäre Versorgungseinheiten führen zu punktuellen Anreicherungen von N, P und K; ein Versetzen der Einheiten, also von Hütten und Futterautomaten, reduziert diese deutlich, wie frühere Untersuchungen ergeben haben.
Blick in die Praxis
Im Rahmen von Nmin-Untersuchungen auf einem der ökologischen WRRL- Modellbetriebe in NRW konnte eine bereits optimierte Freilandhaltung begleitet werden. Es handelt sich um gezielt angelegte Flächen im Rahmen der Fruchtfolge, die bis dato mit Kleegras bewachsen waren (Optimierung momentan hinsichtlich legumfreier Mischung). Die Tiere werden einmal im Februar (Nachfrucht Silomais ab Mai) und einmal im August (ab September eine winterharte Zwischenfrucht aus Kruziferen) auf eine andere Fläche umgetrieben. Im Projektbetrieb weisen die Abteile eine Größe von etwa 4 000 m² auf und es waren rund 25 Tiere im Schnitt aufgetrieben. Dies entspricht einem Besatz von 31,25 Tieren pro ha und Jahr. Die verbandsgebundenen maximal durch Düngung aufzubringenden 112 kg N sowie die 170 kg N nach EU-Öko-VO werden im Schnitt des Betriebes im Rahmen der Fruchtfolge eingehalten.
Da es sich bei der Beweidung nicht um eine Düngung nach Dünge-verordnung (DüV) handelt, ist der erhöhte Nährstoffanfall zunächst rechtlich möglich. Werden die Nährstoffmengen auf zwei Jahre umgelegt, also in der Nachfrucht Silomais mit verwertet, so kommt es zu Nährstoffanfällen von 150 kg N und 56 kg P2O5 pro ha und Jahr, welche theoretisch von Kulturpflanzen entzogen werden können. Einen Konflikt mit dem Wasserschutz gibt es aber vorwiegend aufgrund der Verteilung der Nährstoffe, sie liegen vor allem in den Hotspots vor und führen somit zu einer Aufkonzentration des Sickerwassers an diesen Stellen.
Des Weiteren muss der Transfer der N- Mengen über die Sickerperiode gelingen, um diese nutzen zu können.
Viele N-Spots
Unter anderem in den Schutzhütten der Schweine waren erhöhte Nmin-Werte festzustellen. Diese sind dadurch zu erklären, dass hier vermehrtes Wühlen in Kombination mit hohen Bodentemperaturen (aktives Bodenleben) zur Freisetzung von N aus Boden und organischer Substanz führt. Auch das vermehrte Harnabsetzen und Abkoten im Randbereich außerhalb der Hütten kann hierfür ursächlich sein. Es wird in anderen Veröffentlichungen davon berichtet, dass die Genetik und damit die Höhe des Aktivitätsverhaltens Einfluss auf die Verteilung der Exkremente in der Fläche hat. Ein höheres Aktivitätsverhalten führt zwangsläufig zu mehr Wühltätigkeit der Tiere, welche zu einer (weiteren) Erhöhung der Mineralisierung führen kann.
- Grundsätzlich sind hohe Nmin-Werte an folgenden „Hotspots“ feststellbar:
- Wühlbereich: intakte Fläche wird durch Wühlen der Tiere durchlüftet, die Narbe zerstört und Stickstoff (N) freigesetzt, im Randbereich Abkoten und Urinieren der Tiere
- Schutzhütte: ausreichende Durchfeuchtung vom Rand her, aktives Wühlen oder Zurechtlegen der Streu und hohe Temperatur durch hohe Besatzdichten (gerade bei kalten Temperaturen) führen zur N- Mobilisierung, teilw. Abkoten und Urinieren im Randbereich
- Suhlen: Von den Tieren im Winter oder künstlich angelegte und gepflegte Suhlen werden im Sommer durch Wühlarbeiten vergrößert bzw. verändert, in Kombination mit Wasser kommt es zu Sickerbewegungen und N-Austrag aus dem Randbereich (ausreichend Luft im Boden, teilweise Kotstellen)
- Futterbereich: durch hoch frequentierte Stand- und Laufbereiche wird die Narbe zerstört, Futterreste erhöhen die N-Verluste
Alle diese „Hotspots“ nehmen teilweise nur einen sehr kleinen Teil der Fläche ein, die unter Umständen sehr hohen Nmin-Werte müssen dementsprechend flächengewichtet werden. Ein Mastabteil, das beispielsweise bei Auftrieb im Sommer noch zu 80 % intaktes Kleegras oder eine Narbe aufweist, kann bei nassen Bedingungen im Herbst bis zu 90 % Wühlbereich entsprechen. Dementsprechend müssen die Nmin- Werte betrachtet werden.
Gemessene Nitratwerte
In Grafik 1 ist zu erkennen, wie die Werte sich bis September in einem vertretbaren Maße zeigen, denn nur gesamt 16 % der Fläche sind aufgrund der Trockenheit von den Schweinen bearbeitet worden. Mit einsetzender Feuchtigkeit ab September steigen die Nmin- Werte dann aber deutlich und eine Verlagerung in die zweite Schicht findet bis zum Beginn der Sickerwasserperiode 2022 im November statt. Dies zeigt, dass ein Wechsel der Fläche zu diesem Zeitpunkt sehr ungünstig ist, da kein N mehr gebunden werden kann. Hohe Werte im August sind durch eine Begrünung im September hingegen noch zum Teil zu halten, der Verlagerung in tiefere Schichten oder eventuell sogar ins Grundwasser wird entgegengewirkt, wie aus Grafik 2 ersichtlich.
Die Zwischenfruchtmischung hat im Mittel 144 kg Stickstoff im oberirdischen Aufwuchs vor Winter aufgenommen. Die Nmin- Werte waren aber zu hoch um durch eine Zwischenfrucht kompensiert zu werden. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde die Mast in diesem Betrieb umgestellt, so dass es nun drei bis vier Mastgruppen gibt und nicht eine große Gruppe die zu höheren Werten geführt hat.
Verluste minimieren
Durch folgende Maßnahmen können nach ersten Erkenntnissen aus dem Projekt die Verlustquellen auf ein Mindestmaß reduziert werden:
- Einbindung der Schweinehaltung in der Fruchtfolge mit mind. 2 Standort- Wechseln pro Jahr (je nach Beginn der Sickerwasserperiode, ihrer Ergiebigkeit und ihres Endes muss der Zeitraum je Betrieb optimiert werden):
a) Erste Fläche von September-Februar beweidet: Vorteile: ausreichend Zeit für eine Zwischenfrucht auf der zweiten Fläche + wenig Zeit für die Tiere auf der ersten Fläche zu Wühlen bis zum Einsetzten der Sickerwasserperiode im Herbst (weniger Mineralisation)
b) Zweite Fläche wird von März-August beweidet: Abbau der Mastabteile und Verzicht auf Bodenbearbeitung bis April auf der ersten Fläche sorgt für Bodenruhe und verhindert N- Mobilisierung und Verlagerung; zweite Fläche setzt Stickstoff erst dann frei, wenn die Sickerwasserbewegung endet
Ideal wäre eine dritte Fläche für den Zeitraum Dezember bis Februar, um die Narbe nicht zu weit zu zerstören und somit die Verlustquellen zu reduzieren, dies ist aber mit erheblichen Mehrkosten verbunden, es muss eine dritte Fläche bereitgestellt und die komplette Anlage neu eingezäunt werden. Je mehr Flächen von der Schweinehaltung im Laufe der Fruchtfolge genutzt werden, desto kleiner wird der Überschuss und der Bedarf zu handeln, um Auswaschungen zu verhindern.
- Ausreichend Zeit einplanen um eine gut tragende, intakte Narbe zu erzeugen, nach Möglichkeit ohne Leguminosenanteil (Gras- und Getreidegemenge) und ohne Düngung vor Auftrieb
- Wechsel der Futterplätze; Tränkemöglichkeiten in der Nähe der Suhle schaffen um nur einen Bereich mit erhöhtem Anfall von Sickerwasser zu haben und das überschüssige Wasser zu nutzen
- Platzierung der Hütten nah bei einander, um so das Abkoten in der Nähe zu verhindern, nach Möglichkeit Wechsel der Orte. Die Nährstofffrachten verteilen sich dann auf einer größeren Fläche.
- Statt einer großen Mastgruppe, wenn möglich mehrere Mastgruppen mit ausreichend Flächenanteil, Ziel ist es die Fläche möglichst lange grün bzw. die durchwühlten Bereiche möglichst klein zu halten.
Grundsätzlich sollte die Freilandfläche folgende Bedingungen erfüllen:
- Ausreichend Abstand zu Grundwasser und auch Oberflächengewässern, kein Gefälle
- Ausreichend Unterboden um Nährstoffe halten zu können, keine Dränage
- Möglichst keine reinen Sandstandorte, leichte Standorte mit hohen Sickerraten meiden
- Zuwegung zu den hoch frequentierten Orten jeder Gruppe (Futter, Suhle, Wasser) von außen um Fahrspuren (Narbenschäden) im Abteil zu verhindern
Ulrike Westenhorst und Pascal Gerbaulet,
Landwirtschaftskammer NRW