Wie sich Grünland entwickelt, hängt sowohl von den Wetterbedingungen in der aktuellen Vegetationsperiode als auch den Bedingungen in den vorangegangenen Jahren ab. In diesem Jahr sind einige Besonderheiten bei der Grünlandpflege zu beachten.
Mit durchschnittlich 1 198 mm Niederschlag in NRW war 2023 das niederschlagreichste Jahr seit 1881. 2024 folgte mit 1 023 mm ein weiteres ausgesprochen niederschlagreiches Jahr 2024. Und auch, wenn es den Meisten aufgrund der zahlreichen Niederschlagstage und der hohen Niederschlagsmengen nicht so vorkam, das Jahr 2024 war in NRW mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 11,3 °C das wärmste Jahr seit 1881, dem Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen.
Negative Konsequenzen
Grundsätzlich kommt eine relativ niederschlagreiche und zugleich milde Witterung während der Vegetationszeit dem Wachstum des Grünlands sehr entgegen. Zwischen April und September fielen 2024 mit 546 mm etwas mehr als die Hälfte der Jahresniederschläge. Wegen der permanent hohen Bodenwassersättigung konnten insbesondere auf schwereren Standorten im Februar und März letzten Jahres jedoch häufig weder Gülle ausgebracht werden, noch konnten die obligatorischen Pflegearbeiten, wie Schleppen, Striegeln oder Nachsaaten, erfolgen. Aber bereits im Frühjahr und im Herbst 2023 gab kaum Zeitfenster, um Nachsaaten im Grünland zu platzieren - es war schlichtweg zu nass.
Glücksspiel Nachsaaten
Was bedeutet es für die Entwicklung der Grünlandnarben, vor allem der mehr oder weniger intensiv genutzte Schnittgrünlandflächen mit vier bis fünf Schnitten, wenn über zwei Jahre keine Nachsaaten durchgeführt werden? Insbesondere Milchviehbetriebe, die im Wesentlichen auf Grobfutter vom Dauergrünland als essenzielle Nährstoff- und Energiequelle angewiesen sind und grünlandbasierte Futterrationen fahren, müssen schon allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen hohe Futterqualitäten aus dem Grünland für sich selbst einfordern.
Das setzt entsprechende Grünlandnarben voraus, die einen Anteil von mindestens 80 bis 90 % Pflanzenarten aufweisen, die diesen Ansprüchen genügen. In produktiven Grünlandnarben für hohen futterbauliche Ansprüche hat bis in Höhenlagen von 500 m vor allem das Deutsche Weidelgras eine herausragende Stellung. Es ist bei zusagenden Klimabedingungen das mit Abstand wichtigste Futtergras, da es vielfältige positive futterbauliche und agronomische Eigenschaften in sich vereint und anderen wichtigen Kulturgräsern überlegen ist.
Hohe Deutsche Weidelgrasanteile in der Grünlandnarbe sind aber kein Selbstläufer. Deutsches Weidelgras breitet sich nicht über Ausläufer aus und bildet aufgrund begrenzter Bestockung bei einer vierten oder fünften Schnittnutzung keine so dichte Narbe aus wie Weide. Reine Schnittflächen zeigen daher immer eine gewisse Lückigkeit, in die meist niedrig wachsende, ausläufertreibende Gräser und Kräuter hineinwachsen können. Regelmäßige Nachsaaten mit Deutschem Weidelgras - jedes Jahr oder alle zwei Jahre auf Schnittflächen - sorgen für einen permanenten Nachwuchs dieses Grases in entstandenen Lücken und tragen dadurch zu einer weitgehend konkurrenzstarken Narbe bei.
Das Problem der vergangenen beiden Jahre bestand darin, dass es aufgrund der niederschlagsbedingten hohen Bodenfeuchte kaum möglich war, ausreichend trockene Phasen zu finden, um Nachsaaten zu platzieren. Ebenso konnten unerwünschte Gräser und Kräuter mechanisch, zum Beispiel mit dem Grünlandstriegel, nicht bekämpft werden.

Foto: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Übeltäter Mäuse
Es kam erschwerend hinzu, dass Mäuse vielerorts ganzjährig immer wieder zu Schäden auf dem Grünland geführt haben. Schwarzwildschäden hielten sich dagegen in Grenzen. Mehr oder weniger große Lücken, die nicht aktiv über gezielte Nachsaaten geschlossen werden, führen dazu, dass sich meist unerwünschte und unproduktive Gräser und Kräuter mit geringem Futterwert etablieren und ausbreiten können.
In der Folge solcher Entwicklungen kommt es zu einem Absinken von Ertrag und Futterqualität. Ein Ertragsrückgang von 5 bis 10 % durch stärkere Verunkrautung und Verungrasung bedeutet bei einem Ertragspotenzial eines produktiven und Deutsches Weidelgras-dominierten Grünlandbestands von 90 dt Trockenmasse (TM)/ha einen monetären Futterverlust von etwa 70 bis 140 €/ha. Die mit einem geringeren Futterwert einhergehende verringerte Futteraufnahme ist hier noch nicht mit einberechnet.
Ein Problem, das im Zusammenhang mit der Pflanzenbestandsentwicklung in der Praxis oftmals unterschätzt wird, weil es augenscheinlich nicht recht wahrgenommen wird, ist die Zunahme der Gemeinen Rispe. Diese Grasart ist ein wenig produktives Gras mit bestenfalls mittlerem Futterwert in den Folgeaufwüchsen. Es hat in den vergangenen beiden Jahren auf sehr vielen Grünlandflächen wieder stark zugenommen und das hat seine Ursachen, die im Folgenden beschrieben werden.

Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Fazit
Die niederschlagsreichen Jahre 2023 und 2024 haben zu hohen Wachstumsraten und mitunter hohen Erträgen auf dem Grünland geführt. Allerdings haben verschiedene Faktoren vielerorts auch zur Beeinträchtigung beziehungsweise zu einer negativen Pflanzenbestandsentwicklung geführt. So kam es beim Befahren auf feuchten Böden zum Zeitpunkt Gülleausbringung und zur Ernte häufig zu Bodenschadverdichtungen. Dies wirkte sich ungünstig auf die Ertragsbildung und den Pflanzenbestand des Grünlands aus.
Auch immer wieder anwachsende Mäusepopulationen führten mitunter zu offenen Grasnarben und in der Folge zu Verunkrautung und zu Verungrasung. Aufgrund der häufigen Niederschläge und der Regenmengen gab es in den vergangenen zwei Jahren nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, um gezielte Nachsaaten durchzuführen und so produktive, Deutsches Weidelgras-dominierte Grasnarben zu fördern.
Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW