Je effizienter wirtschaftseigene Dünger wie Gülle und Gärreste eingesetzt werden, desto weniger Mineraldünger wird benötigt. Das rechnet sich ökonomisch und ökologisch. Mit welechen Maßnahmen lässt sich das vorhandene Düngepotenzial von Gülle und Gärresten optimal ausschöpfen?
Losgelöst von rationalen Anpassungsmechanismen, die N-Effizienz insbesondere der organischen Düngemittel zu optimieren, gibt die Düngeverordnung (DüV) von 2017 beispielsweise technische Maßnahmen für die Ausbringung von flüssigen, organischen Düngemitteln wie Gülle und Gärreste vor. Danach sind die Betriebe seit dem 1. Februar dieses Jahres dazu verpflichtet, nun auch auf dem Grünland und im Ackerfutterbau Gülle und Gärreste bodennah streifenförmig auszubringen.
Ausnahmeregelungen für NRW sind in der sogenannten Allgemeinverfügung definiert. Die Ausnahmeregeln können der Website der Landwirtschaftskammer NRW entnommen werden.
Die fachrechtlichen Vorgaben der bodennahen Ausbringungstechnik zielen primär weniger darauf ab, die Effizienz von Gülle zu erhöhen, sondern stellen einen Beitrag zum Erreichen der Ziele der sogenannten NEC-Richtlinie in Bezug auf Ammoniakemissionen dar.
Was spricht für bodennah?
Seit vielen Jahren ist bekannt und durch zahlreiche Versuchsergebnisse belegt, dass die gasförmigen Ammoniakverluste mit bodennaher, streifenförmiger Gülleapplikation auf dem Grünland mit Schleppschuh- und Schlitztechnik im Vergleich zu Breitverteiltechniken um 70 bis 90 % reduziert werden können. Die Zusammenhänge liegen auf der Hand. Bei der Breitverteilung hat das mit der Gülle ausgebrachte Ammonium (NH4) durch die flächenhafte Verteilung intensiven Kontakt mit der Luft, und dissoziiert zu dem flüchtigen Ammoniak (NH3). Dadurch kann es zu mehr oder weniger hohen gasförmigen Stickstoffverlusten kommen.
Dieser Effekt ist umso stärker, je kleiner die Gülletropfen und je höher die Lufttemperatur sowie die Windgeschwindigkeit sind. Bei den bodennahen Ausbringungstechniken wird im Vergleich zum Breitverteiler die gesamte Güllemenge streifenförmig auf einem Bruchteil der Oberfläche ausgebracht. Dadurch verkleinert sich die Kontaktfläche mit der Luft. Die Ammoniakverluste reduzieren sich ebenfalls stark, sodass in der Summe bei dieser Technik mehr Stickstoff im System bleibt und dem Pflanzenbestand zur Verfügung steht.
Bodennahe Gülleausbringungstechnik führt aufgrund der systembedingt höheren N-Verfügbarkeit daher meist zu höheren Erträgen gegenüber der Breitverteilung. Die N-Effizienz der großtropfigen Breitverteiler ist in hohem Maße vom Trockenmassegehalt (TM) der Gülle und von der Witterung zur Ausbringung abhängig. Gülle mit geringem TM-Gehalt, die im Herbst oder im zeitigen Frühjahr zum ersten Schnitt bei kühlen Temperaturen, bedecktem Wetter und anschließendem Regen breitflächig ausgebracht wird, steht im Hinblick auf die N-Effizienz den bodennahen Ausbringungstechniken zwar kaum nach. Diese Witterungsverhältnisse sind aber insbesondere bei den Ausbringungsterminen zu den Folgeaufwüchsen nicht immer gegeben.

Foto: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Die Betriebe, die Gülle auch weiterhin mit Breitverteiler ausbringen wollen, sollten sich im Vorfeld damit auseinandersetzen, ob sich ihre Flächen in der Kulisse im Hinblick auf Ausnahmen für bodennahe, streifenförmige Aufbringung auf Grünland befinden - zu beachten sind zum Beispiel naturräumliche Besonderheiten. Das betrifft in erster Linie Betriebe in den Mittelgebirgen.
Mehr Infos dazu gibt es auf der Webseite der Landwirtschaftskammer NRW.
Verfahrensbedingte Stickstoff-Verluste
Wenn alles fließt
Für die Ausbringung auf dem Grünland haben eine faserarme, fließfähige Gülle und Gärreste enorme Vorteile im Hinblick auf die N-Effizienz und die Futterhygiene. Gut fließfähige Gülle infiltriert zum einen schnell in den Boden ein, wo sie letztlich auch wirken soll. Zum anderen läuft sie besser von den Pflanzen ab. Dadurch reduziert sich das Risiko der Futterverschmutzung. Diese Aspekte sind insbesondere bei trockenen Bedingungen zur Gülleausbringung und im Zeitraum danach von besonderer Bedeutung.
Gülle sollte erst unmittelbar vor dem Ausbringen, aber dann komplett im Güllelager aufgerührt und homogenisiert werden. Ein wiederholtes Rühren während der Lagerdauer verursacht Kosten und führt durch Zerstörung der Schwimmdecke zu unnötigen Ammoniakverlusten und Geruchsemissionen. Das Homogenisieren durch intensives Rühren verbessert zwar die Fließfähigkeit der Gülle, es hat jedoch keinen Einfluss auf Trockenmasse- oder Fasergehalt.
Die Fließfähigkeit der Gülle kann insbesondere durch Verdünnung mit Wasser, durch Separierung oder durch anaerobe Fermentation, sprich Vergärung, verbessert werden. Ob und welches Verfahren geeignet ist, hängt von den betrieblichen Verhältnissen sowie von den Kosten ab.
Wasser plus
Das Verdünnen der Gülle mit Wasser auf weniger als 4 bis 5% TM verbessert die Homogenisierung, die Verteilung, das Ablaufverhalten von den Pflanzen und das Infiltrationsvermögen. Zudem löst und bindet Wasser Ammoniak und vermindert die N- und Geruchsemissionen. Nach verschiedenen Untersuchungen, unter anderem im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer NRW, Haus Riswick, brachte das Verdünnungen von Rindergülle mit Wasser im Verhältnis 1:1, 18 bis 30 % an Mehrertrag im Vergleich zu unverdünnter Gülle. Wasser als Güllezusatz kann über die Einleitung von Oberflächenabfluss und/oder mit dem Prozesswasser aus der Milchviehhaltung in das Güllelager eingetragen werden.
Da das Verdünnen der Gülle mit Wasser einen nachgewiesenen Effekt auf die Reduzierung von Ammoniakemissionen auch bei Breitverteilung hat, kann dieses Verfahren im Rahmen der Ausnahmeregelung in NRW angewendet werden. Dabei darf Rindergülle einen TM-Gehalt von maximal 4,6% Trockensubstanz aufweisen. Diese Ausnahme gilt zunächst nur für das Jahr 2025.
Den physikalischen Vorteilen der Verdünnung stehen jedoch Nachteile der proportional erhöhten Ausbringungskosten entgegen. Die gezielte Verdünnung von Gülle mit Wasser bietet sich daher bestenfalls für die Ausbringung in den Sommermonaten auf hofnahen Flächen an. Ideal ist die Kombination mit einer Gülle-Verschlauchung.
Getrennte Wege
Ist die Gülle sehr faserreich, zum Beispiel durch Stroh oder durch Substrate aus nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo) -, ist die alleinige Verdünnung mit Wasser nicht zielführend, da sich der absolute Fasergehalt nicht verändert. Die Faserreste können bei streifenförmiger Ausbringung vor allem unter trockenen Bedingungen zu sichtbaren Güllebändern führen, aber möglicherweise auch Verstopfungen im Verteiler hervorrufen.
Werden fasserreiche Gülle oder Gärreste auf Grünland ausgebracht, ist meist die Separierung das Verfahren, um diese Problematik deutlich zu vermindern. Durch die Separierung wird die Gülle fließfähiger und es bleiben kaum Faserstoffe an der Bodenoberfläche zurück. Zu beachten ist, dass für die separierten Feststoffe nach der DüV im Hinblick auf Lagerung, Ausbringung beziehungsweise Einarbeitung auf Ackerflächen sowie Sperrfristen die gleichen Bedingungen gelten wie für Gülle selbst.
In Abhängigkeit vom Abpressgrad und Anbieter liegen die Kosten der Separation bei etwa 3 €/m³. Leistungsfähige Separationsanlagen haben einen Durchsatz von 2 000 bis 3 000 m³ in 24 Stunden.
Ab in die Anlage
Wird Rindergülle in Biogasanlagen vergoren, so wird diese dünner und flüssiger. Durch den Gärprozess wird ein Teil der organischen Trockensubstanz abgebaut und es entsteht Methan (CH4). Ebenso werden beim Gärprozess Schleimstoffe abgebaut, wodurch die Gülle nicht mehr so zähflüssig ist und besser von den Pflanzen abfließen und in den Boden infiltrieren kann.
Werden in Biogasanlagen hohe Anteile an NaWaRo und/oder Festmist als Substrat eingesetzt, kann dies ebenfalls dazu führen, dass hohe Rückstandsmengen an Fasern auf der Bodenoberfläche oder an den Pflanzen zurückbleiben. Im Gegensatz zu unvergorener Gülle können die Stickstoffverluste bei der Ausbringung von Gärsubstraten auf Grünland insbesondere bei Breitverteilung wesentlich höher sein, da der mikrobielle Aufschluss zu höheren Ammoniumgehalten und pH-Werten führt. Daher sollten im Sinne der N-Effizienz und Emissionsminderung, insbesondere bei der Düngung mit vergorener Gülle, bodennahe, streifenförmige Gülletechnik zum Einsatz kommen.

Foto: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Wenn es sauer wird
Seit einigen Jahren wird auch in NRW von verschiedenen Lohnunternehmen das Ansäuerungsverfahren von Gülle und Gärresten für Ackerkulturen und Grünland angeboten. Bei diesem Verfahren wird dem Güllestrom beim Ausbringen Schwefelsäure beigefügt. Ziel ist es, die Ammoniakverluste durch die Absenkung des pH-Wertes der Gülle zu reduzieren. Entsprechend chemischer Gesetzmäßigkeiten steigen die Ammoniakverluste (NH4) mit steigenden pH-Werten.
In Feldexperimenten verschiedener Forschungsanstalten ließ sich nachweisen, dass allein durch die Ansäuerung von Gülle und Gärresten die verfahrensbedingten NH3-Emissionen nahezu vollständig vermieden werden konnten, siehe auch Tabelle. Dagegen konnten bei der Ausbringung mit Schleppschläuchen ohne Ansäuerung noch nach drei Tagen erhöhte NH3-Verluste festgestellt werden.
NH3-Verluste lassen sich weitgehend vermeiden, wenn der pH-Wert der Gülle und Gärreste bei 5,5 bis 6 liegt. Um die Mindestanforderung an die N-Verfügbarkeit der Düngeverordnung von 60 % im Jahr der Ausbringung zu realisieren, kann die Ansäuerung von Gülle/Gärresten einen wesentlichen Beitrag leisten. Im Zusammenhang mit einem möglichst geringen TM und Injektionstechnik sind sehr hohe N-Effizienzen, die auch über der Mindestanforderung liegen, heute schon machbar. Nach bisherigen Erkenntnissen lassen sich die Vorteile der Ansäuerung von Gülle und Gärresten wie folgt zusammenfassen:
- besonders hohe Effekte der NH3-Emissionsvermeidung bei sonst ungünstigen Bedingungen, zum Beispiel Trockenheit
- verbesserte Phosphatverfügbarkeit von organischen Düngern
- mit erprobter/ vorhandener Technik kombinierbar
- keine Schädigung, sprich Verätzung des Pflanzenbestandes
- keine Narbenverletzungen im Grünland
Letztlich gilt es, das Verfahren ökonomisch zu bewerten. Die Zusatzkosten für die Gülleansäuerung liegen bei 1,50 bis 2,00 €/m³. Zu bedenken ist auch, dass Gärreste aus Biogasanlagen einen deutlich höheren pH-Wert aufweisen als Rinder- und Schweinegülle. Entsprechend höher sind für Gärreste die erforderlichen Mengen an Schwefelsäure, um eine pH-Wertabsenkung auf 6 zu erreichen.
Die spezielle Technik mit der Gülleansäuerung ist mit hohen Investitionen in der Größenordnung von 100 000 € pro Güllefass verbunden. Solche Verfahren sind daher kaum in Einzelbetrieben zu realisieren, sondern bestenfalls in Lohnunternehmen. Derzeit laufen auch bei der Landwirtschaftskammer NRW Versuche zum Thema Gülleansäuerung im Grünland.

Foto: Hubert Kivelitz, Landwirtschaftskammer NRW
Fazit
Eine hohe N-Effizienz von Gülle und Gärresten auf Grünland und Ackerfutterflächen liegt in der Regel im Interesse der von Futterbaubetrieben. Hier hat die bodennahe, streifenförmige Gülle-Ausbringungstechnik gegenüber der Breitverteilung vielfach nachgewiesene Vorteile, da signifikante Mengen an Ammoniakverlusten vermieden werden können. Abgesehen von diversen Ausnahmeregelungen, ist die bodennahe, streifenförmige Gülle-Ausbringungstechnik seit dem 1. Februar dieses Jahres nach DüV auch für Grünland und Ackerfutterflächen verpflichtend.
Weitere N-Effizienzverbesserungseffekte von Gülle und Gärresten lassen sich vor allem über die Separierung, die Verdünnung mit Wasser oder die Ansäuerung mit Schwefelsäure realisieren. Die Frage ist, ob die dadurch entstehenden Kosten die verringerte N-Effizienz unbehandelter Gülle kompensieren können oder übersteigen. Hier kann nur eine einzelbetriebliche Betrachtung eine schlüssige Antwort bringen.
Hubert Kivelitz,
Landwirtschaftskammer NRW