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Ökolandbau NRW

„Ich bin der „Biobauer“ hier“

07.02.2025

Wer den Bauernmarkt Lindchen, prominent und gut sichtbar an der Kreuzung der B67 und der Klever Straße und damit zentral zwischen Kleve und Uedem, Kalkar und Goch gelegen, kennt, denkt nicht in erster Linie an „Bio“ und ökologische Landwirtschaft. Vielmehr kauft bei Lindchen ein, wer gerne regionale, typisch niederrheinische, vor allem aber ehrlich-bäuerliche Produkte schätzt. Und die Wiederverkäufer finden ein riesiges Sortiment an Obst und Gemüse in der Bauernmarkt Lindchen GmbH, die mittlerweile der einzige verbliebene Großhandel im Umkreis ist. Da fällt es kaum auf, dass Familie Hesseling seit bald 20 Jahren auch einen Biobauern in ihren Reihen hat. 

Johannes Hesseling ist einer der vier Betriebsleiter im Unternehmen „Lindchen“, das er gemeinsam mit Mutter Rita, Vater Bernd Hesseling und seinem Bruder Peter als GmbH führt. 2006, mit gerade einmal 16 Jahren, hat Johannes Hesseling einen eigenen Biobetrieb gegründet, 5 ha Fläche von Vater Bernd gepachtet und diese umgestellt. „Da war ich noch in der Ausbildung zum Landwirt“, kann Johannes es heute selber kaum glauben, so jung diesen ungewöhnlichen Schritt gemacht zu haben. Einige Jahre später hat der heute 35-Jährige sogar seine Meisterarbeit zu dem Thema „Umstellung eines konventionellen Betriebes auf Ökologischen Landbau“ verfasst. Aber der Reihe nach.

Aus der Garage in die Gastronomie

In den 1980er-Jahren hatte Bernd Hesseling den 15 ha großen elterlichen Hof bei Uedem übernommen. „Mein Vater war schon immer ein Bindeglied zwischen Erzeugern und Kundschaft und hat bald, aus der Garage heraus, das erste Obst, Gemüse und die eigenen Kartoffeln verkauft“, erzählt Johannes Hesseling. Immer öfter bündelte der Landwirt aber auch die Produkte seiner Berufskollegen und vermarktete sie weiter an Endverbraucher und die hiesige Gastronomie. „Hier hat sich schnell herumgesprochen, dass da jemand sei, der gute, regionale Produkte vermarktet - und außerdem auch zunehmend mit Exoten, wie Ananas, Bananen und Südfrüchten, handelt“, so Johannes weiter.

Die Garage sei schnell zu klein für den Verkauf und sukzessive erweitert worden. 2005 wurden dann eine Fruchthalle und Kühlhäuser für das Obst und Gemüse gebaut, das „Lindchen“ auf Kundenwunsch besorgt hatte. „Die Händler und Gastronomen aus der Region haben hier eingekauft und sie tun es heute umso mehr, als wir im Kreis Kleve mittlerweile die einzige Großmarktstufe und damit Ansprechpartner für den Groß- und Einzelhandel sind.“ Aktuell beliefert „Lindchen“ im Umkreis von rund 100 km Schulen, Kindergärten und Altenheime ebenso wie selbständige, inhabergeführte Geschäfte des LEHs mit Frischwaren und hält Produkte für Hofläden und andere Wiederverkäufer vor.

Johannes Hesseling bewirtschaftete einen ökologischen Ackerbaubetrieb und vermarktet die Biokartoffeln und Möhren auch im familieneigenen Bauernmarkt Lindchen.

Attraktiver Vollsortimenter

In Lindchens Bauernmarkt wiederum können die Endverbraucher aus einem Vollsortiment wählen, in dem neben dem Obst und Gemüse der Fleisch- und Wurstverkauf ein großer Posten ist, wie Johannes Hesseling erklärt: „Seit etwa 15 Jahren vermarkten wir unsere Produkte vom Pfalzdorfer Landschwein über den Bauernmarkt. Rund 30 Duroc-Schweine, im Betrieb Coenen auf Stroh und nach den höchsten Tierwohlstandards gehalten, werden pro Woche bei der Naturverbund Thönes eK geschlachtet. Eier - auch Gänseeier, die niederrheinische Spezialität - und vieles mehr, was es im Hofladen auch noch gibt, machen das Angebot umfänglich und beinahe lückenlos.

Ökologie und Ökonomie im Einklang

Der umtriebige, unternehmerisch begabte Vater Bernd sei zwar schon immer ein echter Händler, aber als gelernter Landwirt auch sehr bodenständig und der festen Überzeugung gewesen, dass „der Boden das Wichtigste“ sei. „Das sieht er auch heute noch so“, bestätigt Johannes Hesseling. Daher habe sein Vater auch die Idee des Sohnes unterstützt, besagte 5 ha zu pachten und von konventionellem auf ökologischen Ackerbau umzustellen. „Vor allem unsere Berufskollegen haben damals die Köpfe geschüttelt und sich gewundert, dass wir unsere besten Böden mit Bio-Anbau vergeuden“, erinnert sich der Landwirt. Mit Enthusiasmus, vor allem aber der Unterstützung durch seinen Vater und unter den Fittichen von Bioland-Landwirt Bernd Verhoeven, der auf dem Rouenhof bei Kevelaer einen Biolandbetrieb mit Tierhaltung und Ackerbau hat, konnte Johannes Hesseling schnell dazulernen und Anbauerfolge verbuchen. „Bernd hat mir unter anderem klargemacht, dass der Kleegrasanbau und das Stickstoff- und Bodenmanagement mit Leguminosen das A und O sind, wenn man Lebensmittel in bester Bioqualität erzeugen will“, berichtet er.

Und so baut Biobauer Johannes Hesseling Kartoffeln und Möhren, Erbsen, Bohnen, Spinat und Kohlarten auf nunmehr 60 ha an. „Wir fahren eine siebengliedrige Fruchtfolge. Beim Bio-Anbau benötigt man gut 10 ha pro Kultur“, erläutert er ein Grundprinzip des ökologischen Ackerbaus. Um an guten organischen Biodünger zu kommen, gibt es Futter-Mist- und Stroh-Mist-Kooperationen mit anderen Betrieben.

Foto: Janine Heggendorf/Lindchen

Vielfältige Vermarktungswege

„20 % meiner Biokartoffeln, -möhren und Rote Beete vermarkte ich an die Lindchen GmbH und damit direkt hier über unseren Laden. 80 % der Bioware allerdings geht zu den Großhändlern Böhmer, Bruns und Weyers, die weiter an den LEH vermarkten. Ohne den LEH geht es nicht, der muss gut Bio verkaufen können!“, ist Johannes Hesseling überzeugt.

Über den Hofladen - also Lindchens Bauernmarkt - vermarktet der Biolandwirt, dessen Betrieb anfänglich das EU-Biosiegel trug und nun seit neun Jahren Naturland-zertifiziert ist, hauptsächlich die Biokartoffeln. „Die Kunden im Bauernmarkt schätzen vor allem die Regionalität und den direkten Kontakt zu uns, zu meinem Bruder Peter und meinem Vater. Dieses Vertrauen in uns und unseren Hofladen ist ihnen wichtiger als das Biosiegel“, erläutert Johannes Hesseling das Kaufverhalten der Kunden. „Für die Kundinnen und Kunden bin ich aber in jedem Fall der Biobauer“, lacht er. Als dieser weist ihn auch ein Etikett aus, das jedem Sack Kartoffeln beigelegt ist und nicht nur die Sorte des entsprechenden Bioprodukts beim Namen nennt, sondern eben auch dessen Anbauer. 

Die Biokartoffeln vermarktet Johannes Hesseling auch über den Hofladen. Jedem Sack liegt ein Etikett bei, auf dem der Sortenname und der Biolandwirt erkennbar sind.

Stark in Social Media

„Sobald die jüngeren Kunden eine Familie gründen, kommen sie zu uns!“ Was man in größeren Städten hinsichtlich Biokonsum beobachtet, hat Johannes Hesseling in der ländlichen Region Niederrhein für die Direktvermarktung festgestellt. Daher verwendet die Bauernmarkt Lindchen GmbH auch jede Menge Zeit und Aufwand für werbewirksame Posts in den Social Media-Kanälen. „Wir haben ein beeindruckendes Sortiment an Gemüse, das wir saisonal und regional anbieten können. Es gibt so viele tolle Sachen und Rezeptideen für bio-regionale Erzeugnisse - wir müssen mit dem Trend gehen und diese immer wieder den Kundinnen und Kunden präsentieren“, ist Hesseling von dem starken Engagement bei Instagram & Co. überzeugt.

Überzeugen würde er gerne auch Krankenhäuser, Kreisküchen, Schulen und Kommunen und die Betriebe der Außer-Haus-Verpflegung in seiner Region. Auch deswegen arbeitet er mit Partnern in der Öko-Modellregion Niederrhein zusammen und forciert die Ansprache zum Beispiel der Kommunen am Niederrhein, mit gutem Beispiel voran zu gehen und mehr Bioprodukte in der AHV zu verwenden.


Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW

Im Bauernmarkt verteilt werden auch viele regionale Produkte in Bioqualität angeboten, wie Kürbiskernöl der Marke „RBL“ - Rheinisch.Besonders.Lecker.