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Ökolandbau NRW

Mehr Arbeit, größere Zufriedenheit

28.11.2023

Auch in diesem Jahr konnte wieder ein Praxis-Umstellertag zur biologischen Schweinehaltung durchgeführt werden. Der im Rahmen der BioOffensive geförderte und von der Landwirtschaftskammer NRW organisierte Tag fand Mitte November auf zwei Biobetrieben in Ostwestfalen statt.

Besichtigt wurden sowohl die Bio-Ferkelerzeugung und Aufzucht als auch die biologische Mastschweinehaltung. Ein Vermarkter stellte außerdem sein Unternehmen und die Vermarktungschancen am Bio-Markt vor. So traf sich zu Beginn des Tages eine Gruppe von gut 20 Personen auf dem Biolandbetrieb von Matthias Petig, der seit Anfang 2023 ökologisch wirtschaftet. Petig hat für 190 Sauen neu gebaut, die gesamte Anlage ist auf der grünen Wiese entstanden. Neben den Stallungen für Sauen, Jungsauen, Aufzucht und einigen Mastplätzen wurden auch eine Strohhalle sowie Festmistlager und Güllelagerraum neu geschaffen. In insgesamt sieben Gebäuden wird nun der ökologischen Ferkelerzeugung nachgegangen.

Zu Beginn der Stallführung wies Petig auf die Bedeutung von guten Strohqualitäten hin, die in diesem Jahr besonders schwierig zu produzieren waren. „Durch die neue Strohhalle kann die Strohmiete trocken unter Dach gelagert werden, was insbesondere für die Ferkelerzeugung von hoher Wichtigkeit ist“, erklärte er. Neben der Strohhalle ist die Futterküche neu errichtet worden. Auf dem Betrieb wird selbst gemischt, nur für die Ferkelaufzucht werden Fertigfutter eingesetzt. Die Mischungen können dabei gut verschnitten und somit auch die Übergänge zu neuen Rationen gleitend gestaltet werden, was für die Ferkel- und auch Jungsauenfütterung viele Vorteile mit sich bringt. 

Betriebsleiter Matthias Petig im Abferkelstall.

Die Ausläufe können direkt auf die Mistplatte entmistet werden. Fotos: Ulrike Westenhorst

Interessante Zuchtarbeit

Bei der Stalleinrichtung hat sich Familie Petig für Stallsysteme der Firma Weda entschieden. Mit der Abferkelbucht ist Petig zufrieden, die Tiere kommen mit der freien Abferkelung sehr gut zurecht. Die guten Aufzuchtleistungen können dabei sicherlich auch mit der Sauengenetik des Betriebes zusammenhängen, Petig setzt auf einen hohen Hampshire-Anteil in den selbst gezogenen Sauen. „Als Vaterlinie wird ein Pietrain eingesetzt, der eher wachstumsbetont und robust ist, statt die höchsten MFA-Werte zu liefern“, meint der Betriebsleiter. Neben den klassischen Verkaufsmasttieren finden sich noch zahlreiche weitere „bunte Schweine“ auf dem Betrieb, die Züchtung ist ein Steckenpferd des Betriebsleiters. „Wir halten noch etwa 20 Schwäbisch-Hällische Tiere in Erhaltungszucht“, so Petig. „Diese Tiere mästen wir selber, vermarktet werden sie über die Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.“ Als weiteres Standbein werden deckfähige Jungsauen an andere Betriebe verkauft, sowohl Hampshire Kreuzungssauen als auch Schwäbisch Hällische und Duroc Sauen in Reinzucht. 

Eine Besonderheit im Abferkelstall: Petig hat sich in den Abferkelbuchten für eine Bodenfütterung entschieden. „Die Sauen beschäftigen sich viel mit der Fütterung und die Ferkel können sofort mitfressen“, so Petig zu den Vorteilen des Systems. Futterverluste kommen durch die planbefestigte Fläche nahezu nicht vor. Was auffällt: Die Sauen benötigen viel Futter für die Säugezeit. So wurde die Häufigkeit der Fütterung schon von zweimal täglich auf dreimal täglich erhöht. „Vorher kamen viele Sauen zu stark abgesäugt aus dem Abferkelstall, das hat sich jetzt verbessert“, ist der Landwirt zufrieden.

Blick in die Abferkelbucht mit beheiztem Ferkelnest.

Hüttenstall hat sich bewährt

Am Betrieb wird zwei- bis dreimal in der Woche gemistet, die mittig zu allen Ställen angeordnete Mistplatte ermöglicht dabei ein effizientes Arbeiten. Die Sauen halten die Abferkelbuchten innen sauber, lediglich rund um die Tränken entstehen nasse Ecken. Diese werden beim Misten mit entfernt und in die Ausläufe geschoben, welche dann maschinell entmistet werden.

Die Ferkel werden mit etwa sieben Wochen abgesetzt und verbleiben dann für weitere drei Wochen in den Abferkelbuchten. Entsprechend wurden Abferkelplätze für zwei weitere Sauengruppen geschaffen. Gefüttert werden die Absatzferkel über einen Futterautomaten, den Petig nach dem Absetzen in die Bucht stellt. Für den letzten Teil der Aufzucht wechseln die Ferkel dann in einen Hüttenstall, den die Familie bereits aus konventionellen Zeiten kannte und das gut funktionierende System mit in die Biohaltung übernommen hat. 

Der zweite Teil der Aufzucht erfolgt in Hüttenställen.

Die Mastschweine werden in Kistenställen gehalten.

Blick in den Wartestall

Auch auf die Wartestallhaltung durfte die interessierte Gruppe einen Blick werfen. Hier entschied Petig sich für einen Kistenstall in offener Bauweise, an die Liegekisten schließt sich dabei der Kot- und Aktivitätsbereich der Tiere an. Im vorderen Bereich, also mittig am Futtergang, befinden sich Selbstfangfressstände für eine ruhige und ungestörte Futteraufnahme der Tiere. Neben dem Kraftfutter erhalten die Sauen hier täglich Kleegrassilage in den Trog, durch den breiten Futtertisch können die Ballen gut in den Stall transportiert werden. Dank der Fressstände können die Tiere auch kurzzeitig fixiert werden, etwa, wenn gemistet wird oder Tiere behandelt werden sollen.

Blick auf den Aktivitätsbereich....

...und den Futtertisch im Wartestall.

Alte Mastställe umgebaut

Am Nachmittag stand dann für die Gruppe noch die Besichtigung eines Bio-Mastschweinebetriebes auf dem Programm. Hier konnte der Betrieb von Ruschkowski besichtigt werden, der die Ferkel von Familie Petig übernimmt und sich im nahezu selben Zeitraum wie sein Ferkelerzeuger für die Umstellung auf Bio entschieden hat.

Der Betriebsleiter und seine Familie haben vor der Umstellung einen Sauenbetrieb im geschlossenen System bewirtschaftet, insgesamt 120 Sauen wurden damals gehalten. Im Zuge der Umstellung wurden vorhandene Gebäude im Dorfgebiet stillgelegt, so dass aktuell nur noch die Ställe am ausgesiedelten Standort bewirtschaftet werden. Bei allen Stallungen handelt es sich demnach um Umbauten: Der alte Sauenstall ist zum Strohlager umgerüstet worden und die Mastställe haben jeweils Ausläufe erhalten. Zusätzlich wurden ein überdachtes Mistlager und ein CCM-Silo errichtet. Durch die entsprechende Auswahl der Gebäude kann der Mist vom Auslauf beidseitig auf die mittig geschaffene Mistplatte geschoben werden - eine arbeitswirtschaftliche Erleichterung.

Von Ruschkowski entschied sich für die Haltung von Großgruppen und hält aktuell etwa 110 Tiere je Bucht, insgesamt sind 900 Bio-Mastplätze entstanden. Durch die Gruppengröße können die Stallbereiche nicht sicher sauber gehalten werden, daher beließ der Betriebsleiter einen Teil der Spalten im Stall. In diesen Bereichen wird nun gefüttert, wodurch auch die auf dem Betrieb vorhandene Flüssigfütterung weiter betrieben werden konnte. Wichtig für den Betriebsleiter war eine ausreichende Anzahl an Fressplätzen. „In der Vormast steht jedem Tier ein Fressplatz zur Verfügung“, so Ruschkowski. „Das fördert die Ruhe im Stall und ist für die Haltung der unkupierten Tiere von großem Vorteil.“ Und auch mit den biologischen Leistungen im ersten Jahr der Umstellung ist der Landwirt bisher gut zufrieden. 

Die sich dem Fressbereich anschließende Liegefläche im Stall wurde befahrbar gemacht und wird nun planbefestigt als Tiefstreubereich betrieben, der mechanisch entmistet wird. Die installierten Abdeckungen über einem Teil der Liegefläche werden in der Regel nicht benötigt, sie sollten ursprünglich als Strukturelement die Liegefläche für die Tiere verdeutlichen.

Foto: Ulrike Westenhorst, Landwirtschaftskammer NRW

Blick auf den geteilten Auslauf.

Hohe Arbeitsbelastung

Der neu geschaffene Auslauf besteht aus einem unüberdachten Bereich, der nicht eingestreut wird, und einem überdachten Bereich mit Einstreu. Dieser wird von den Tieren intensiv und gerne genutzt, sauber halten sie ihn aber nicht. Entsprechend müssen beide Bereiche des Auslaufes regelmäßig ausgemistet werden, auf dem Betrieb von Ruschkowski erfolgt dies einmal pro Woche. „Die Arbeitsbelastung darf nicht unterschätzt werden“, gab der Betriebsleiter den Landwirten mit auf den Weg. „Das Ausmisten beansprucht einen ganzen Tag.“ Trotzdem freut er sich über die neue Haltung der Tiere, das Arbeiten in den umgebauten Ställen mache Spaß.

Zuletzt wurde noch über die aktuell hohen Baukosten diskutiert, diese seien auch für seinen Umbau nicht zu unterschätzen, gab der Betriebsleiter zu bedenken. „Wichtig ist es, gute Leute für den Umbau zu finden, die auch gut Löcher in die alten Ställe bekommen“, so Ruschkowski abschließend mit einem kleinen Augenzwinkern.

Betriebsleiter Arne von Ruschkowski in seinem Maststall.

Ulrike Westenhorst,

Landwirtschaftskammer NRW