Organisiert und finanziert wurde die Veranstaltung über das Tierwohlkompetenzzentrum Schaf, ein vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung gefördertes Projekt. Im Rahmen eines vielfältigen Programms setzten sich rund 50 Interessierte intensiv mit aktuellen Themen rund um Schafe auseinander.
Die Schafhaltung steht vor einigen großen Herausforderungen und eines zeigte sich im Laufe des Tages ganz deutlich: Landwirte müssen wieder mehr in Kreisläufen denken und interdisziplinär arbeiten. Dann kann die Schafhaltung einen sinnvollen Beitrag zur nachhaltigen Landbewirtschaftung und zur Reduktion der Auswirkungen des Klimawandels beitragen und auch den Ackerbauern helfen.
Altes Wissen neu beleben
Früher zogen Schafherden durchs ganze Land, viele größere Landwirtschaftsbetriebe hatten eigene Schafherden, denn der Nutzen war damals jedem klar: Ackerflächen mit Schafen zu beweiden, ist gut für den Boden, für das Pflanzenwachstum und für die Schafe. Aktuell läuft ein von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gefördertes dreijähriges Projekt zur Ackerbeweidung in Kooperation der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt. Maria Hoffmann von der LfL Bayern stellte erste Erfahrungen vor. Diese zeigen: Wenn Landwirte sich nicht immer weiter spezialisieren, sondern zurück zum Kreislauf- und gemeinsamen Systemgedanken kommen, profitieren nicht nur die Schafhalter, sondern auch die Ackerbauern. Der erste Versuchsdurchlauf in neun Schäfereien befindet sich aktuell in der Auswertung.
Derzeit werden drei verschiedene Beweidungskulturen untersucht: Gräser-Kleegrasmischungen, Zwischenfruchtmischungen und Getreidesaaten. Neben Erhebungen zur Futterpflanze werden auch pflanzenbauliche Aspekte erhoben sowie Veränderungen im Boden gemessen. Ersten Messungen nach scheint die Beweidung zum Beispiel einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Bodenfeuchte oder die Anzahl an Mauselöchern auf der Fläche zu haben. Eine weitere Zielsetzung des Projekts ist, eine geeignete Zwischenfrucht-Mischung zu kreieren, die sich aus Sicht der Tierernährung, Tiergesundheit, Vorfruchtwirkung und Erosionsschutz optimal ergänzt.

Aktuelle Herausforderungen in der Schafhaltung wurden bei der vom Tierwohlkompetenzzentrum Schaf organisierten Veranstaltung diskutiert. Foto: Rebecca Simon, Tierwohlkompetenzzentrum Schaf
Abhüten des Getreideaufwuchses
Früher vielfach angewendet und mittlerweile fast in Vergessenheit geraten: das Saatenhüten. Hierbei hüten Schafherden den frühen Getreideaufwuchs ab. Zum Saatgenhüten ist ein gutes Gefühl des Schäfers für den Boden und die Besatzstärke notwendig. Es wurde früher gezielt eingesetzt, damit die Getreidepflanzen stärker bestocken und stabil im Halm wachsen. Durch den goldenen Tritt der Schafe und den tiefen Verbiss werden die Pflanzen zum starken Wachstum angeeregt.
Agroforst für die Schafhaltung
Dass interdisziplinäre Ansätze der Schafhaltung dienen, zeigen die Ergebnisse, die Janos Wack zum Projekt FuLaWi, Nutzung von Futterlaub, vorstellte, das von der BLE gefördert wird. Baumstreifen auf Flächen reduzieren Wind, verringern die Austrocknung, wirken gegen Erosion, verbessern die Wasserhaltefähigkeit der Böden und bieten Witterungsschutz für die Tiere.
Dass diese Gehölzstreifen nicht nur für die Energienutzung, sondern auch für die sinnvolle und artgerechte Ernährung der kleinen Wiederkäuer dienen können, beweisen die ersten Projektergebnisse. Pappeln und Weiden sind schnellwachsende Gehölze, die gute Futtereigenschaften und hohe Nährstoffgehalte mitbringen. Im Projekt werden nun technische Lösungen für den praktischen Einsatz des Laubs in der Fütterung wie Erntetechniken und Siliertechniken, mit dem Ziel, das Futterlaub ganzjährig zu nutzen, erprobt. Eine Nutzung der Gehölze soll bereits nach zwei Jahren möglich sein. Erste Messungen zeigen, dass der Methanausstoß unter Laborbedingungen bei Fütterung einer Laubmischung zusätzlich zum normalen Grundfutter um bis zu 15 % reduziert werden konnte.

Foto: Fides Lenz, Landwirtschaftskammer NRW
Alternativen zum Kupieren
Das Verbot des Kupierens der Schwänze stellt vor allem die Schäfer mit Schafrassen mit langen und bewollten Schwänzen vor Herausforderungen. Probleme durch einen vollgekoteten oder -urinierten Schwanz können schnell tierschutzrelevant werden, sei es durch Entzündungen oder Myiasis. Gleichzeitig besteht bei langen Schwänzen die Gefahr für schmerzhafte Schwanzbrüche. Die Übergangsfrist von acht Jahren müssen die Schafhalter nun nutzen, um bei den betroffenen Rassen die Schwänze kürzer zu züchten und in den Betrieben Managementmaßnahmen zu etablieren, damit der Verzicht kurativer Eingriffe wirklich zu einer Verbesserung des Tierwohls führt. Dass das funktionieren kann, zeigen die Ergebnisse des Tierwohlkompetenzzentrums Schaf, in dem 25 Betriebe mit zwölf Schafrassen drei Jahre lang intensiv an der Thematik gearbeitet haben.
Die enge Zusammenarbeit mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt, eine bedarfsgerechte Schwanzschur und die Ausrichtung des Managements auf Durchfallprophylaxe zeigten sich als Kernthemen. Wer Schafe mit langen und bewollten Schwänzen hält, für den ist das Vermeiden von Durchfällen essenziell. Dazu müssen Fütterung, Parasitenbekämpfung, Weidemanagement und Pflege sowie eine eventuell notwendige Impfprophylaxe intensiv aufeinander abgestimmt werden. Das Problem, dass sich manche Schafe auf den Schwanz urinieren, lässt sich nicht durch diese Maßnahmen beheben. Das sollte in der Auswahl der Zuchtschafe berücksichtigt werden. Im Rahmen des Projekts wurden Tiergesundheitsmerkmale bei den unkupierten Tieren erfasst. Hier zeigt sich bei der Auswertung von Vaginaltupfern, dass bei Tieren mit unkupierten Schwänzen bei gleichem Verschmutzungsgrad weniger Vaginalkeime gefunden wurden. Ein langer Schwanz hat also keine negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit der Schafe, sondern schützt den Vaginalbereich selbst im verschmutzten Zustand vor dem Eindringen von Keimen.
Neben den Anpassungen in der Haltung muss die Zucht auf kürzere Schwänze vorangetrieben werden. Erste Daten des Projekts zeigen, dass zwei für die Zucht relevante Parameter günstig aussehen: Die Heritabilität – also die Erblichkeit – ist hoch und wurde je nach Rasse mit etwa 0,6 nachgewiesen. Gleichzeitig ist die phänotypische Varianz auch innerhalb der Schafrassen hoch. Das ist eine gute Ausgangsbasis für die züchterische Bearbeitung. Eine Korrelation zwischen Körpergewicht und Schwanzlänge scheint zu bestehen, auch weitere Korrelationen zu anderen Merkmalen können nicht ausgeschlossen werden. Deshalb muss die züchterische Bearbeitung genau überwacht und begleitet werden, damit nicht gleichzeitig negative Merkmale verstärkt werden.
Da die Schafrassen ohnehin schon nur in geringen Populationen vorkommen, muss auch ein genetischer Verlust verhindert werden. In ersten Versuchen zeigte sich bereits, dass durch gezielte Anpaarung von Tieren mit kürzeren Schwänzen – verglichen mit den anderen Tieren der Herde – eine Verschiebung zum vorherigen Mittelwert nach einer Generation möglich ist. Bei einem Versuch am Oberen Hardthof in Hessen ließ sich dadurch bei Merinolandschafen schon ein im Durchschnitt 1 cm kürzerer Schwanz erreichen.

Foto: Fides Lenz, Landwirtschaftskammer NRW
Fides Lenz,
Landwirtschaftskammer NRW