
Foto: Volker Graß, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Der Öko Sojabohnenanbau in Niedersachsen erfreut sich nach wie vor wachsender Beliebtheit. Anhand der Agraranträge ist die beabsichtigte Öko-Anbaufläche nach Angaben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen von 1 097 ha im Jahr 2023 auf 1 418 ha in diesem Jahr gestiegen. Somit erreicht die Anbaufläche vorerst ihren Höhepunkt.
Nach wie vor ist der Landkreis Lüchow-Dannenberg mit einer beantragten Anbaufläche von 722 ha Spitzenreiter, gefolgt vom Nachbarkreis Uelzen mit 171 ha und dem angrenzenden Kreis Gifhorn mit 82 ha. In Regionen mit einem hohen Flächenanteil hat sich häufig das Anbauverfahren, aber auch die anschließende Vermarktung professionalisiert und mindert somit die Anbaurisiken. Zur Etablierung des Sojaanbaus in Niedersachsen werden zur Sortenwahl und zur Produktionstechnik bereits seit dem Jahr 2009 Versuche durch den Fachbereich Ökologischer Landbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchgeführt.
Ausgewogene Witterung begünstigt Anbau
Der Sojabohnenanbau bereichert auf vielen Betrieben zunehmend die Fruchtfolge. Besonders auf sandigeren Standorten ist ohne ausreichende Wasserversorgung der Pflanzen der Anbau jedoch risikoreich. Die Möglichkeit zur Feldbewässerung ist gerade ab der Blüte und der folgenden Hülsenausbildung in den Monaten Juni bis etwa Ende August eine lohnende Ertragsabsicherung.
Das Frühjahr 2024 begann kühl und nass. Erst ab Anfang Mai stiegen die Luft- und Bodentemperaturen stetig an. Daraus ergaben sich gute Aussaatbedingungen für die Soja, welche von vielen Betrieben auch genutzt wurde. Die gute Bodendurchfeuchtung und eine zunehmende Erwärmung bewirkten einen recht zügigen Aufgang. Allerdings verzögerten zwischenzeitliche Kälteeinbrüche bis etwa Mitte Juni die Jugendentwicklung. Außerdem behinderten Niederschläge die mechanische Beikrautregulierung, welches einen höheren Aufwand an Striegel- und Hackmaßnahmen erforderte. Die Zeitfenster für die mechanische Beikrautregulierung waren teilweise sehr eng, weshalb häufig unter noch feuchten Bedingungen gearbeitet werden musste. Folglich konnten Beikräuter zumindest in ihrer Entwicklung gestört und der Soja einen Vorsprung verschafft werden, auch wenn der nachfolgende Regen wieder optimale Anwuchsbedingungen schaffte. Wer flexibel und in kurzen Abständen, mit schlagkräftiger Technik die mechanischen Maßnahmen setzen konnte, erreichte gute Regulierungserfolge.
Teilweise gab es in der Praxis Probleme mit mangelhaften Saatgutpartien, die in diesem Jahr zur Folge hatten, dass der Feldaufgang gering, oder sehr heterogen ausfiel und vereinzelt die Entscheidung zum Umbruch getroffen werden musste. War dies nicht der Fall, so konnten sich die Bestände unter der günstigen Witterung ab etwa Mitte Juni mit ausgewogener Niederschlagsverteilung und günstigen Temperaturverlauf gut entwickeln und warteten mit einem hohen Massenwachstum auf. Dass sich diese Entwicklung leider nicht immer im Ertrag widerspiegelte, zeigten sowohl die Praxis als auch die Landessortenversuche. Auffallend war in diesem Jahr zudem die höhere Lagerneigung von Beständen.
Abreife regional sehr unterschiedlich
Die Abreife verlief besonders in den nord-östlichen Landesteilen von Niedersachsen in diesem Jahr ab September auffallend zügig. Dagegen verschob sich in den westlichen Teilen Niedersachsens, mit häufig höheren Niederschlagsmengen und auf schwereren Böden mit höherer Nährstoffversorgung, die Abreife um drei bis vier Wochen. Die ersten Sojaflächen konnten bereits im nord-östlichen Niedersachsen ab der letzten Septemberdekade unter guten Erntebedingungen gedroschen werden. Einzelne Standorte, besonders im westlichen Niedersachsen ließen witterungsbedingt erst Ende Oktober einen Drusch zu.
Schon bei der Aussaat darf nicht zu lange gewartet werden, da spätere Saaten nach Mitte Mai das Risiko einer nicht ausreichenden Vegetationsperiode für die Kurztagspflanze Sojabohne und damit eine spätere Abreife und Ernte erhöhen. Zudem muss mit nicht unerheblichen Trocknungskosten gerechnet werden und die Stauchung der feuchten Bohnen durch die Förderschnecken des Mähdreschers können das Risiko erhöhen, dass Speisepartien nur noch als Futterware vermarktet werden können.
Der gute Absatz mit auskömmlichen Preisen von Öko-Sojabohnen für den Einsatz in der Fütterung und zunehmend auch im Bereich der Humanernährung dürfte neben ackerbaulichen Aspekten sicherlich mit einer der Hauptgründe für die diesjährige erneute Anbauausdehnung sein.
Sortenwahl mit Fokus auf Abreife
Die Basis für einen erfolgreichen Soja-Anbau wird durch ertragsstabile, kältetolerante und vor allem früh, sowie sicher abreifende Sojabohnensorten geschaffen. Für eine bestmögliche Beikrautunterdrückung sind Sorten mit einer raschen Jugendentwicklung und einer frühen Bodenbeschattung zu bevorzugen. Das wichtigste Sortenwahlkriterium ist aber das Abreifeverhalten. Für Niedersachsen sind Sorten der sehr frühen Reifegruppe „000“ zu empfehlen. Zu beachten ist, dass innerhalb dieser Gruppe die Abreife der Sorten sehr unterschiedlich ausfallen kann. Die Landessortenversuche sind dazu sehr hilfreich, da sie entsprechende Sortenunterschiede aufdecken. Spätreifere Sorten aus der Reifegruppe „00“ sind für den norddeutschen Raum ungeeignet. Extrem frühe Sorten aus der Gruppe „0000“ reifen zwar deutlich früher ab, jedoch ist aufgrund der meist deutlich geringen Ertragsleistungen von einem Anbau als Hauptfrucht in Niedersachsen abzuraten.
Abreife stetig kontrollieren
Für die Beurteilung des Abreifezustandes und um den optimalen Erntezeitpunkt abzustimmen werden einzelne Hülsen geöffnet und überprüft inwieweit sich die Bohnen mit dem Fingernagel noch eindrücken lassen. Die Körner müssen fest sein und locker in den Hülsen liegen. Oftmals erwecken die Hülsen von der Farbgebung noch nicht den Anschein einer Abreife, obwohl die enthaltenen Bohnen schon abgereift sind. Des Weiteren kann der sogenannte Stay-green-Effekt zusätzlich den falschen Eindruck einer noch nicht abgereiften Pflanze vortäuschen. Die Stängel der Sojapflanzen sind noch hellgrün und vereinzelt hängen auch noch Blätter an der Pflanze, obwohl die Bohnen bereits druschreif sind. Es lohnt sich also regelmäßige Abreifekontrollen in den Sojabeständen durchzuführen, auch wenn diese noch nicht den vermeintlichen Anschein der Druschreife durch Laubfall und braune Hülsen zeigen. Diese Tatsache konnte auf Praxisflächen, aber auch in den Landessortenversuchen besonders in diesem und im letzten Jahr beobachtet werden. In der Abreife zeigten einige Sorten noch relativ lange grüne Pflanzenteile. Zum Druschzeitpunkt Ende September am Standort Molden bzw. Mitte Oktober am Standort Osnabrück waren die Bohnen bei allen Sorten aber in der Todreife und druschfähig.

Foto: Markus Mücke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Zahlreiche neue Sorten
Das Sortenangebot ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und die Neuzulassungen in Deutschland durch das Bundessortenamt nehmen stetig zu. Flankierend sind viele Landwirte und Landwirtinnen aber auch auf der Suche nach Kulturen, die zur Erweiterung der Fruchtfolge und zur Einkommensabsicherung beitragen. Ein weiterer Vorteil des Sojaanbaus ist die geringe Anbaupause von mindestens drei bis veir Jahren im Vergleich zu anderen Körnerleguminosen. Die Züchter arbeiten besonders an frühreifen, auch für den mittel- und norddeutschen Raum geeigneten Sorten, die sich unter anderem auch für die Verarbeitung in der Humanernährung eignen sollen.
Ergebnisse und Sortenempfehlungen für Niedersachsen
Die niedersächsischen Landessortenversuche Öko-Sojabohnen werden auf dem Standort Molden (Wendland) und im westlichen Niedersachsen auf dem Standort Osnabrück, dort in enger Zusammenarbeit mit der Hochschule Osnabrück, durchgeführt. In diesem Jahr wurden insgesamt 14 Sorten geprüft. Davon stehen sieben Sorten bereits mehr als zwei Jahre in den Versuchen, sodass relativ sichere Aussagen bezüglich der Eigenschaften vorhanden sind. Der Standort Osnabrück befindet sich im Anbaugebiet (ABG) 2 – Sandstandorte Nord-West und der Standort Molden am Rande des ABG 1 das die Sandstandorte Nord-Ost abbildet. Bei beiden Standorten handelt es sich um sandige Böden. Beide Versuche wurden fast zeitgleich am 7. und 8. Mai 2024 gesät, zeigten aber ein differenziertes Abreifeverhalten. Molden ist klimatisch kontinentaler geprägt und zeigte in diesem Jahr eine wesentlich zügigere Abreife. Der Versuch konnte am 19. September gedroschen werden. Allerdings erreicht der Ertrag mit 22 dt/ha im Versuchsdurchschnitt ein eher schwaches Ergebnis. In Osnabrück konnte der gute Ertrag aus dem letzten Jahr erneut mit durchschnittlich knapp 42 dt/ha gesteigert werden. Aufgrund höherer und kontinuierlicher Niederschläge in der westlichen Region verzögerte sich die Abreife auffällig im Versuch. Die Erntereife war erst am 16. Oktober erreicht.
Übersichten
Mehrjährig geprüfte Sorten
ES Comandor ist bereits mehrjährig geprüft und fährt auch in diesem Jahr stabile Erträge am Standort Molden ein. In Osnabrück fällt die Sorte in diesem Jahr erstmals deutlich unter den Durchschnitt. Die Rohproteingehalte erreichen durchschnittliches Niveau. Besonders die Frohwüchsigkeit und die Abreife sind positiv zu bewerten. Neben dem Futteranbau ist ES Comandor auch für bestimmte Bereiche in der Speiseverarbeitung vermarktbar. Dies sollte aber im Vorfeld mit der aufnehmenden Hand abgestimmt werden. Ein Anbau kommt weiterhin in Frage.
Sussex kann sich am Standort Molden gegenüber dem Vorjahr ertraglich deutlich verbessern und bleibt in Osnabrück weiterhin leicht unterdurchschnittlich. Die Rohproteingehalte bewegen sich auf leicht überdurchschnittlichem Niveau. Die Sorte reift sicher ab, ist mittellang im Wuchs und standfest. Die Frohwüchsigkeit ist durchschnittlich. Aufgrund der ausgewogenen Abreife kann Sussex in die engere Wahl genommen werden.
Nessie PZO verbessert sich am Standort Molden gegenüber dem schwachen Vorjahr im Ertrag deutlich, welcher in diesem Jahr überdurchschnittlich ausfällt. In Osnabrück ist der Ertrag hingegen konstanter und liegt im Schnitt über die Jahre auf leicht überdurchschnittlichem Niveau. Die Rohproteingehalte tendieren an beiden Standorten leicht unter den Durchschnitt. Die Sorte ist standfest und frohwüchsig. Nessie PZO zeigte eine sichere Abreife und kann für den Anbau in die engere Wahl genommen werden. Neben dem Futteranbau soll Nessie PZO auch für bestimmte Bereiche in der Speiseverarbeitung vermarktbar sein. Dies sollte aber im Vorfeld mit der aufnehmenden Hand abgestimmt werden.
Asterix überzeugt auf beiden Standorten erneut mit überdurchschnittlichen Erträgen und stabilen Rohproteingehalten. Die Sorte ist überdurchschnittlich lang im Wuchs, standfest und frohwüchsig. Das stabile Ertragsniveau und die ausgewogene Abreife sprechen zweifellos für einen Anbau. Auch Asterix wird zunehmend für die Speiseverarbeitung nachgefragt. Die Möglichkeiten müssen mit der aufnehmenden Hand geklärt werden.
Paprika erzielt an beiden Standorten überwiegend leicht überdurchschnittliche Erträge. Die Rohproteingehalte bewegen sich unter dem Mittel. Die Sorte besitzt eine durchschnittliche Frohwüchsigkeit und gute Standfestigkeit. Zudem fällt sie durch ein niedriges Tausendkorngewicht auf. Allerdings neigt Paprika zu einer späteren Abreife. Ein Anbau sollte bevorzugt auf Gunststandorten vorgesehen werden, die eine sichere Abreife erwarten lassen.
Aurelina fällt am Standort Molden ertraglich ab und fährt am Standort Osnabrück weiterhin weitestgehend stabile Erträge ein. Sie tendiert zu leicht höheren Rohproteingehalten an beiden Standorten und verfügt über eine gute Standfestigkeit und Frohwüchsigkeit. Bei der Abreife zeigt Aurelina auf den beiden Versuchsstandorten kein übereinstimmendes Verhalten. Ein Anbau ist überlegenswert, zumal auch eine Vermarktung in die Speiseverarbeitung möglich sein soll.
Stepa bleibt am Standort Molden ertraglich deutlich unter dem Durchschnitt, wo hingegen sie in Osnabrück stabile Erträge einfährt. Die Rohproteingehalte bewegen sich in Osnabrück auf überdurchschnittlichem Niveau und lagen auch in Molden in diesem Jahr erstmals über dem Schnitt. In den Versuchen zeigte Stepa sich etwas kürzer im Wuchs mit einer durchschnittlichen Frohwüchsigkeit. Stepa tendiert zu einer leicht späteren Abreife.
Zweijährig geprüfte Sorten
Im Folgenden sind die zweijährig geprüften Sorten beschrieben. Für eine sichere Beurteilung sind weitere Versuche abzuwarten. Ein Probeanbau ist aber bei beiden Sorten überlegenswert.
Todeka fährt im zweiten Versuchsjahr stabilere Erträge an beiden Standorten ein. Zudem weist die Sorte überdurchschnittliche Rohproteingehalte auf. Sie verfügt über eine sichere Abreife, eine ausgewogene Frohwüchsigkeit und Pflanzenlänge, zudem fällt sie durch einen niedrigen Ölgehalt auf. Todeka ist speziell für den Speisesektor gezüchtet worden und soll über gute Eigenschaften für die Tofu-Herstellung verfügen. Ein Anbau ist mit der aufnehmenden Hand abzustimmen und gegebenenfalls vertraglich abzusichern.
Akumara fällt am Standort Molden im Ertrag deutlich ab, wohingegen sie sich am Standort Osnabrück auf ein überdurchschnittliches Niveau verbessert. Der Proteingehalt bewegt sich in beiden Versuchsjahren auf überdurchschnittlichem Niveau. Akumara verfügt über eine durchschnittliche Frohwüchsigkeit. In der Abreife zeigt sie anfänglich leichte Verzögerungen, die sich im weiteren Abreifeverlauf aber beschleunigen.
Interessante Neuzugänge
Im ersten Prüfjahr stehen die Sorten Sahara, PRA03, Arnold, Atalana und Vineta PZO. Die Sorten Arnold und Atalana zeigen im ersten Prüfjahr an beiden Standorten überdurchschnittliche Erträge, zudem ist das Tausendkorngewicht der Sorte Arnold sehr niedrig. Auffallend ist, dass alle Sorten mindestes eine durchschnittliche bis überdurchschnittliche Pflanzenlänge in den Versuchen aufweisen. Die Sorten PRA03 und Vineta fielen an beiden Standorten mit einer frühen Abreife auf. PRA03 differenzierte ertraglich zwischen den Standorten erheblich. Auch Sahara fiel in ähnlicher Weise beim Ertrag und der Abreife deutlich schwankend auf.
Sorten für die Humanernährung
Flankierend hat in den letzten Jahren der Öko-Sojabedarf für die Humanernährung zugenommen. Die Anforderungen der aufnehmenden Hand sind bezüglich der Qualitäten und sensorischer Eigenschaften, wie Proteingehalt, Geschmack und Fremdbesatz, bei der Speisesojaverarbeitung hoch und unterscheiden sich auch innerhalb der Verarbeitungsrichtung. Außerdem werden zunehmend einheitliche und vor allem sortenreine Partien gesucht, da die Verarbeitung häufig in großtechnischen Anlagen abläuft. Aus diesem Grund sollte die Sortenwahl zwingend vor dem Anbau mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden. Des Weiteren ist eine Bio-Verbandzugehörigkeit seitens der abnehmenden Hand bei der Vermarktung häufig gefordert.
Fazit
- Sorten der sehr frühen Reifegruppe 000 mit einer sicheren Abreife sowie zügigen Jugendentwicklung sind zu bevorzugen
- Die mehrjährig geprüften Sorten Asterix, ES Comandor, Nessie PZO, und Sussex gehören in die engere Wahl
- Die Sorte Paprika ist ertragsstabil, sollte aber auf sicher abreifenden Standorten bevorzugt werden
- Die Sorten Aurelina und Stepa zeigen ihr ertragliches Potenzial eher im westlichen Niedersachsen
- Im Bereich der zweijährig geprüften Sorten gehört die Sorte Todeka in die engere Wahl. Akumara sollte eher im westlichen Niedersachsen angebaut werden
- Die neuen Sorten Arnold und Atalana sind ertraglich interessant. Die Sorten PRA03 und Vineta fielen mit einer frühen Abreife auf.
- Sorten für die Speiseverwertung sind mit der aufnehmenden Hand abzustimmen
- Saatgut unbedingt zügig bestellen, da die Verfügbarkeit knapp sein kann
Volker Graß und Markus Mücke,
Landwirtschaftskammer Niedersachsen