
Foto: Pascal Gerbaulet, Landwirtschaftskammer NRW
In den WRRL-Modellbetrieben, die ökologischen Gemüseanbau betreiben, wird seit Jahren untersucht, ob es einen Zielkonflikt zwischen gemüsebaulichen und wasserwirtschaftlichen Maßnahmen gibt. In Teil 1 dieses Erfahrungsberichtes geht es um Grundsätzliches, wie Fruchtfolgegestaltung und Nährstoffdynamik.
Der ökologische Gemüsebau wird oftmals in ackerbauliche Fruchtfolgen integriert betrieben. Wesentlich höher sind die Bearbeitungsintensitäten der Böden und der Nährstoffbedarf im Gemüsebau im Vergleich zum reinen Ackerbau. Anders als im konventionellen Bereich, dürfen hier keine mineralischen N-Düngemittel und deutlich weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.
Eine Herausforderung im ökologischen Gemüsebau ist der Erhalt einer unkrautfreien Fläche durch Bodenbearbeitung. Genauso wichtig ist die Deckung der hohen Nährstoffbedarfe der Pflanzen in teils sehr kurzen Zeiträumen, gerade in intensiven Gemüse-Fruchtfolgen, teils mit Doppelbelegung. Die Wirksamkeit der organischen Düngemittel ist nicht so gut abschätzbar wie die der mineralischen. Im ökologischen Gemüsebau kommen häufig Keratin-Dünger, wie Haarmehlpellets und Hornspäne, zum Einsatz. Darüber hinaus spielen der Anbau von Leguminosen als stickstoffliefernde Kulturen im Zwischen- und Hauptfruchtbau sowie N-speichernde Zwischenfrüchte zur Vermeidung von Auswaschungen und Nährstoffspeicherungen im Winter wesentliche Rollen.
Eine ausgewogene Nährstoffversorgung und hohe Verfügbarkeit im ökologischen Gemüsebau sind besonders wichtig für die Qualität und somit für den Absatz der Produkte. Der Handel stellt ebenso hohe Ansprüche an das Aussehen des Gemüses wie im konventionellen Bereich. Für eine Abnahme müssen homogene Größen geerntet werden können. Bei verschiedenen Kohlarten spielt auch die Farbe der Köpfe – sie dürfen nicht zu blass sein – eine bedeutende Rolle und kann zu Reklamationen ganzer Partien führen.
Im Allgemeinen müssen alle genannten Aspekte im folgenden Kapitel unter Berücksichtigung der aktuellen Klimaveränderungen betrachtet werden. Dieses zeigen sowohl die Witterungen der letzten Jahre als auch Klimaprognosemodelle.
Grundsätze der Fruchtfolgegestaltung
Eine sehr weitgestellte Fruchtfolge ist in vielen Fällen die wirksamste Alternative zum direkten Pflanzenschutz im ökologischen Gemüsebau. Darüber hinaus sollte besonders darauf geachtet werden, dass alle Möglichkeiten, von der Wahl krankheitsresistenter Sorten bis hin zu direkten, im ökologischen Anbau erlaubten Pflanzenschutzmaßnahmen, genutzt werden. Zum Erzielen der angenommenen Erträge bei der Düngeplanung ist ein ausgewogenes Bewässerungsmanagement im Gemüsebau unerlässlich. Nur durch eine regelmäßige, ausreichende Wasserzufuhr können die Kulturen entsprechende Ertragsniveaus erreichen und dadurch die zugeführten Nährstoffe der Fläche wieder entzogen werden.
Die Grundsätze einer funktionierenden Fruchtfolge umfassen Stark- und Schwachzehrer als abtragende Kulturen und Leguminosen als tragende Kulturen. Beinhaltet eine Fruchtfolge mehr als 30 % Leguminosen und nur wenige Hackfrüchte, wie Kartoffeln, kann ein großer N-Pool im Boden gebildet werden. Dieser hat ein erhöhtes Auswaschungsrisiko zur Folge. Für Betriebe mit Hackfruchtanteilen von mehr als 50 % sind hohe Bearbeitungsintensitäten und Düngungsniveaus charakteristisch. Häufig sind Mehrfachbelegungen einer Fläche und/oder späträumende Kulturen Bestandteile gemüsebaulicher Betriebe. Dies erfordert mehr Aufwand hinsichtlich Beratung und Umsetzung von Wasserschutzaspekten und bietet gleichzeitig gute Reaktionsmöglichkeiten, Auswaschungen zu vermeiden. Beispielsweise werden in solchen Systemen mehr Handelsdüngemittel eingesetzt und die Kulturen werden intensiver beregnet. Beides hilft, das N-Angebot passend zum Entzug zu dosieren. Die Rest-Nmin-Werte können dadurch niedrig gehalten werden.
N-Dynamiken im Boden
Die N-Dynamik im Boden gibt Aufschluss über die Effektivität und Nachhaltigkeit der Anbausysteme. Um diese zeitnah zu kontrollieren und bei Bedarf gegenzusteuern, können Messungen des mineralisierten Stickstoffs im Boden (Nmin) in den Bodentiefen 0 bis 30, 30 bis 60 und 60 bis 90 cm vorgenommen werden. Durch mehrere Beprobungen in Folge (überjährig) lässt sich sehr gut zeigen, ob Stickstoff verlagert oder aufgenommen wurde. Mit Beginn der Sickerwasserperiode im Herbst sollte der Rest-Nmin möglichst niedrig sein, um Auswaschungen in tiefere Bodenschichten und somit ins Grundwasser zu vermeiden.
Während in einem Boden eines trockenen Standorts mit einer hohen Wasserhaltefähigkeit, zum Beispiel Löss, erst nach einiger Zeit Stickstoff verlagert wird, sind leichte Böden, zum Beispiel Sand, mit genügend Jahresniederschlag viel anfälliger für die Verlagerung von N in tiefere Schichten. Folglich und aufgrund der sich verändernden klimatischen Verhältnisse müssen die N-Überschüsse weiter reduziert werden. Wenn bei einer Sickerwasserrate von 300 mm 35 kg N-Verluste pro ha tolerierbar sind, um 50 mg Nitrat im Grundwasser einzuhalten, sind es bei 200 mm nur noch maximal 25 kg N je ha.
Begrenzungen im Ökogemüsebau
Analog zum ökologischen Landbau gelten für den ökologischen Gemüsebau das geringere N-Düngungsniveau durch flächengebundene Tierhaltung mit begrenzten Besatzdichten sowie die Zukaufbegrenzung von im Ökolandbau zugelassenen Handelsdüngern und betriebsfremden Wirtschaftsdüngern. Stickstoff ist eine vergleichsweise knappe und teure Ressource. Die Knappheit und der hohe Preis für N im ökologischen Anbau schaffen in diesem Fall günstige Voraussetzungen für eine Interessenidentität zwischen Landwirt und Wasserwirtschaft: Beidseitig sollen Stickstoff im System gehalten und Verluste vermieden werden. Die ausgewiesenen Düngebedarfswerte nach aktuell geltender Düngeverordnung (DüV) werden in der Regel nicht ausgenutzt, da die langjährig organisch intensiv gedüngten Flächen höhere Nachlieferungsraten vorweisen als nach DüV kalkuliert. Trotz des geringeren N-Saldos auf Betriebsebene ist ein gutes Nährstoffmanagement wichtig, ansonsten besteht die Gefahr von Auswaschungen in beachtlichen Größenordnungen aus Vorfrucht (Kleegrasumbruch), Bodenmineralisierung (langjährig organische Düngung) und Düngung (organische N-Verbindungen mit verzögerter Wirkung).
Legume N2-Fixierung und Verluste
Bei der Integration N2-fixierender Fruchtfolgeglieder, wie Klee(gras) oder Leguminosen(-mischungen), als Zwischenfrüchte besteht die Herausforderung darin, den gewonnen Stickstoff für die Folgekulturen nutzbar zu machen und im System zu halten. In der Vergangenheit wurden potenzielle N-Austragsrisiken weniger berücksichtigt, die dazu führten, dass hohe Nitratkonzentrationen im Sickerwasser auftraten und der Anbau von Leguminosen in der Wasserwirtschaft unerwünscht war. Aus Gründen des Wasserschutzes und des möglichst großen Nutzens von fixiertem Stickstoff sind beim Anbau von Leguminosen zwingend zwei Grundsätze einzuhalten:
- Wenn möglich, sollte unmittelbar vor Beginn der Sickerwasserperiode die Abfuhr des Aufwuchses erfolgen.
- Der Umbruch sollte im Frühjahr, frühestens jedoch nach der Jahreswende stattfinden, da sonst der Mineralisierungsschub extrem auswaschungsgefährdet ist.
Im Wesentlichen gibt es zur effizienten Verwertung von legumem Stickstoff im Gemüsebau folgende Möglichkeiten:
1.: Der Aufwuchs verbleibt, zum Beispiel in Form von Landsberger Gemenge mit Winterwicken, als Leguminose auf der Fläche, wird dort im Frühjahr eingearbeitet und der Stickstoff steht der Folgekultur zur Verfügung. Die in diesem Fall verwendete winterharte Leguminose konserviert den Stickstoff problemlos bis ins Frühjahr. Bei der Verwendung einer nicht winterharten Leguminose, wie zum Beispiel einer Lupine als Herbstgründüngung, sollte diese nur in Kombination mit einem ausreichend hohen Anteil einer winterharten Nichtleguminose, wie Grünroggen, ausgesät werden. Diese bindet den im Winter auswaschungsgefährdeten Stickstoff.
Durch die Etablierung eines Gemenges kann der Rest-Nmin im Boden durch das Getreide gebunden und zusätzlicher N durch die Leguminose fixiert werden. Bei dem im Projektbetrieb etablierten Bio-Strip-Verfahren werden beide Gemengepartner getrennt voneinander in Streifen mit einer Zwei-Tank- Maschine in einem Arbeitsgang ausgesät. Somit kann sich jede Art gut entwickeln und Standraum für sich beanspruchen, um dann einen Nutzen bezüglich Nährstoff- Speicherung und N-Fixierung zu haben. Konkurrenzschwache und dominante Partner können so nebeneinander wachsen und ihre Vorteile ausspielen. In der Grafik ist ersichtlich, wie im Vergleich zu Brache und Lupinenreinsaat durch das Gemenge der Boden zur Sickerperiode entleert werden kann.
2.: Der Aufwuchs wird von der Fläche abgefahren und direkt auf einer anderen Fläche ausgebracht, das ist das so genannte cut & carry-Verfahren. Da dies eine genaue zeitliche Abstimmung zwischen Geber- und Nehmerfläche voraussetzt, ist cut & carry nur eingeschränkt möglich.
3.: Der Aufwuchs wird abgefahren, in Tierhaltung oder Biogasanlage verwertet und – in der Regel – erst im Folgejahr als Mist oder Biogassubstrat wieder ausgebracht. Eine Kooperation mit Biogasanlagen hat sich als besonders geeignet erwiesen, die hohen Ansprüche an Zusammensetzung und schneller Verfügbarkeit von Nährstoffen im ökologischen Gemüsebau zufriedenzustellen. Demgegenüber ist Mist zwar zum langfristigen Erhalt der Bodenfruchtbarkeit inklusive Humusaufbau wichtig, für die kurzfristige Nährstoffversorgung im Gemüsebau aber ungeeignet.
Düngung und Wirkweisen
Ein im gleichen Jahr auf einer Fläche erfolgender satzweiser Anbau einer starkzehrenden Kultur wie Blumenkohl oder zwei aufeinander folgende Starkzehrer wie Spinat und Weißkohl bedürfen einer vergleichsweise hohen Düngung von über 300 kg N pro ha und Jahr. Entgegen der Annahme, dass hohe Düngegaben mit hohen N-Verlusten einhergehen, belegen die Ergebnisse aus dem Modellbetriebsprojekt der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) NRW, dass bei diesen hohen Düngeniveaus hervorragende wasserwirtschaftliche Ergebnisse auf diesem Standort (tonig-schluffig) zu erzielen sind. Dies setzt des Weiteren neben langsamer Sickerbewegungen voraus, dass eine Beregnungsmöglichkeit gegeben ist. In diesem Zusammenhang muss angesichts der aktuell geführten Diskussion um die Verteilung und effizienten Nutzung der verfügbaren Grundwasserkapazitäten betont werden, dass die Möglichkeit zur künstlichen Beregnung eine Voraussetzung für die grundwasserschonende Bewirtschaftung ist, weil ansonsten die hohen Düngegaben oft nicht in Ertrag umgesetzt und N-Überhänge in der Sickerwasserperiode ins Grundwasser verlagert werden können. Neben dem frühzeitigen Abschluss der Düngung im Jahresverlauf (Sommer), sollte das Angebot dem Entzug entsprechen.
Mehrjährig betrachtet zeigen die Nmin-Werte zur Sickerwasserperiode flächengewichtet – das heißt, der Nmin-Wert wird mit der Flächengröße multipliziert und im Anschluss die Summe durch die Gesamt-Betriebsgröße dividiert -, dass die intensive Zweifachbelegung in diesem Betrieb 2016 bis 2019, also vierjährig, die besten Nmin-Werte hat. Niedrigere Werte von im Schnitt unter 20 kg weisen nur Kleegrasflächen im 1. Hauptnutzungsjahr auf, wo Bodenruhe eingekehrt ist. Bei der Etablierung des Kleegrases entstehen hohe Nmin- Werte durch Bodenbearbeitung und fehlenden Entzug zur Sickerwasser-Periode.
Während Kulturen wie beispielsweise Kopf- oder Rosenkohl die Eigenschaft besitzen, Böden zu entleeren, gibt es andere Kulturen, die erst mit einem gewissen N-Überschuss Qualitäts- und Ertragsansprüchen gerecht werden. Hierzu zählen vor allem Arten, die im Wachstum geerntet werden. Beispiele sind Blumenkohl und Brokkoli. Werden diese spät im Jahr oder als zweiter Satz angebaut, so verschärft sich das Problem, denn in jedem Fall werden mit 100 bis 200 kg je ha beachtliche N-Mengen mit dem Ernterest hinterlassen. Die Überschüsse lassen sich zwar durch eine begleitende Nmin-Beprobung mit daraus resultierender angepasster und früher Düngung und einer ausreichenden Zusatzberegnung reduzieren, aber nicht ganz in den Griff bekommen. Nur ein Verzicht auf „Problemkulturen“ – hierzu zählt auch ein Herbstspinat mit später Düngung – wäre rein wasserwirtschaftlich sinnvoll.
Kalkulierbare Nachlieferung
Durch die ausschließliche Verwendung von organischen Düngemitteln ergibt sich auf den ersten Blick ein scheinbarer Gegensatz zwischen organischer Düngung und dem Schutz des Grundwassers vor zu hohen Nitrateinträgen, da organische Düngemittel vielfach als Hauptverursacher hoher Nitratfrachten angesehen werden. Die umfangreichen Erfahrungen im ökologischen Land- und Gartenbau mit organischer Düngung erlauben die Schlussfolgerung, dass bei ausreichender Berücksichtigung des zeitlichen Versatzes zwischen wurzelnaher Ausbringung und Mineralisierung (letztmöglicher Ausbringungstermin Ende Juli/Anfang August) das Nachlieferungsverhalten selbst bei hohen Düngergaben kalkulierbar ist und aus wasserwirtschaftlicher Perspektive hervorragende Ergebnisse erzielt werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass die Kultur die Entzüge aufgrund von ausreichend Wasser erreichen kann. In Acker- und Futterbaufruchtfolgen ist es oftmals schwieriger, die mineralisierten N-Mengen aufzufangen, weil die Entzüge unter Umständen nicht zum Angebot passen.
Mit diesem Zwischenfazit endet Teil 1 des Berichtes. Im zweiten Teil geht es verstärkt um Ideen aus der Praxis, um den Herausforderungen des Wasserschutzes im ökologischen Gemüsebau gerecht zu werden.
Pascal Gerbaulet, Landwirtschaftskammer NRW
Willi Bolten, Bolten OHG