Stärkung der wirkstofffreien Prophylaxe zur Reduzierung von Endoparasiten bei Weiderindern
Projekt
Leitbetriebe ökologicher Landbau in NRW
Beschreibung
Einleitung und Zielsetzung: In der breiten Öffentlichkeit und der landwirtschaftlichen Praxis sind seit Jahren antibiotikaresistente bakterielle Krankheitserreger bekannt. Dass es eine Resistenzentwicklung von Parasiten, vornehmlich Magen-Darm-Parasiten, bei chemisch-synthetisierten Behandlungsmitteln (sog. Antiparasitika) gibt, ist weniger bekannt. Auch die Möglichkeiten, diesen Resistenzen entgegen zu wirken, sind in der landwirtschaftlichen Praxis zwar bekannt, werden aber relativ wenig bzw. nur sporadisch umgesetzt. Seit Jahren sind in der tierärztlichen und agrarwirtschaftlichen Praxis Empfehlungen zur Parasitenprophylaxe bei weidehaltenden Tieren in Form von Artikeln und Beratungen vorhanden. Dennoch wird u.a. aus unterschiedlichen Gründen bis heute ohne vorherige Analyse eines möglichen Parasitenbefalls prophylaktisch mit Antiparasitika gearbeitet. Dem gegenüber zeigen Studien der letzten Jahre Zunahmen der Resistenzen gegenüber einigen Wirkstoffgruppen der Antiparasitika. So sind z.B. beim Schaf Wirkstoffe aus der Gruppe der Makrozyklischen Laktone, der Benzimidazole und der Imidazothiazole nicht mehr voll wirksam. Beim Schaf wird mittlerweile von einer geschätzten Resistenz der sogenannten Magen-Darm-Strongyliden gegenüber den Benzimidazolen von 60% ausgegangen (Perbix 2008). Bei Pferden sind ebenfalls Resistenzen einzelner Wirkstoffgruppen bekannt (Becher & Pfister 2009). Beim Rind zeichnen sich erste Resistenzen in Europa und auch in Deutschland ab (Demeler et al. 2009). Somit stehen diese Wirkstoffe auch bei begründeter Therapie nicht mehr voll zur Verfügung. Beim prophylaktischen Einsatz von Antiparasitika bzw. Anthelmintika wird außer Acht gelassen, dass zuerst die wirkstoff-freien Prophylaxen, wie z.B. Weidemanagement, angewendet werden sollten (Kaulfuß 2010). Beim Pferd zeigt sich der Erfolg der wirkstoff-freien Prophylaxen deutlich wie z.B. durch die richtige Weidehygiene bei der sich die Rate der behandlungswürdigen Tiere von 29,5% auf 17% verringern lässt durch das Entfernen des Kotes von der Weide nach spätestens sieben Tagen gegenüber einem längeren Intervall (Becher & Pfister 2009). Da die Neuentwicklung von chemisch-synthetisierten Präparaten selten ist (Zolvix® mit dem Wirkstoff Monepantel von Novartis, momentan nur für Schafe in Deutschland zugelassen), gewinnen daher für eine nachhaltige Landwirtschaft die wirkstoff-freien prophylaktischen Maßnahmen an Bedeutung. Wie oben angeführt, existieren zahlreiche wirkstoff-freie prophylaktische Maßnahmen, die abhängig vom Berater bzw. Tierarzt unterschiedlich interpretiert und dem Landwirt empfohlen werden. Ziel dieser Arbeit ist es a) den aktuellen Stand der Parasitenprophylaxe bei landwirtschaftlichen Betrieben mit Weiderindern zu erheben und b) die Möglichkeiten zu erfassen, die sich zur Prophylaxe in der landwirtschaftlichen Praxis eignen.
Versuchsaufbau
Material und Methoden: Die Untersuchung wurde mittels Fragebogen sowohl auf ökologischen als auch auf konventionellen Betrieben durchgeführt (insgesamt 127 Betriebe). Die Anonymität der Befragten ist dadurch garantiert, dass die ausgefüllten Fragebögen zur Landwirtschaftkammer NRW geschickt und von dort anonymisiert zur Auswertung an die Fachhochschule Südwestfalen weitergeleitet wurden. Aufbauend auf der Auswertung der Fragebögen wird der Parasitenbefall auf Betrieben mit unterschiedlichem Produktionsverfahren (ökologisch/konventionell, viel/wenig Weide u.a.), Betriebsgröße und Haltungsform ermittelt.
Versuchsjahr
2010
Ergebnis
Erste Ergebnisse: Anzahl der Betriebe, die teilgenommen haben: 127 (von 220 Betrieben, die angefragt wurden). Dies zeigt: Das Thema "brennt" ein wenig unter den Nägeln. Wir haben viele Rückfragen bekommen, die wir hoffentlich mit der zweiten und dritten Phase und einem Workshop ausreichend beantworten können. Eine der direkten Fragen zum Parasitenbefall wurde in der Summe sehr interessant beantwortet. So antworteten über 23% der Betriebe, noch nie Probleme mit Parasiten gehabt zu haben. Gleichzeitig geben über 50% an, dass sie schon Probleme mit Magen-Darm-Parasiten hatten. Kotuntersuchungen werden offensichtlich seltener genutzt und Leberegel wurden in 25% der Fälle durch den Schlachthof nachgewiesen Bei der Betrachtung der Frage zu den beobachteten Problemen sieht es hingegen anders aus (Vergleich Abb. 3 mit Abb. 2). So reduziert sich die Zahl der Betriebe, die keine der gelisteten Auffälligkeiten beobachtet hatten auf 20%. Zudem werden bei den anderen 80% der Betriebe meist mehr als eine Nennung zur Problematik gemacht. Meist wurden struppiges Haarkleid und geringere Gewichtszunahmen beobachtet, zudem Leistungseinbrüche während, gegen oder nach dem Weideabtrieb. Dieses allein sind keine indirekten Nachweise von Parasiten, da auch die Fütterung ihren Einfluss darauf hat. Allerdings ist die Häufung schon erstaunlich und sollte mit den Daten aus der Phase zwei und drei des Projektes verglichen werden. Die Frage nach dem Vorgehen gegenüber einem Parasitenbefall zeigte eine weite Streuung. So wurden die meisten Tiere erst nach dem Auftreten entsprechender Krankheitssymptome behandelt bzw. wenn der Tierarzt diese Behandlung empfohlen hat. Vorbeugend wurde relativ wenig getan. Nur 15% gaben an, dass erst nach einer positiven Beprobung behandelt wurde. Eine prophylaktische Gabe ohne vorherige Diagnose gaben 12% der Betriebe an Bei den prophylaktischen Maßnahmen zeigte sich ebenfalls ein sehr breites Feld. Vor allem sind die meisten prophylaktischen Maßnahmen ohne Gabe von Antiparasitika fast nicht bekannt bzw. wurden nicht angewendet. Der Fragebogen diente genau dazu, die Ausschöpfung des Potentials zur Parasitenverminderung (ohne chemisch-synthetische Mittel) zu erfragen. Dies war unsere Vermutung zum Start in diese Thematik, die sich nach der vorläufigen Auswertung der Fragebögen auch deutlich zeigte. Antiparasitika wurden von 27% prophylaktisch gegeben, dazu kamen nochmals 31% Spot-on Behandlungen, die auch den Antiparasitika zuzuordnen sind (siehe Abb. 5). Interessanterweise wurden somit häufiger Behandlungen durchgeführt, für die es aus den Antwortverteilungen der vorherigen Fragen keine Gründe gab. Die Ausbringung von Kalkstickstoff wurde in 5% der Betriebe durchgeführt, davon waren die meisten konventionell bewirtschaftet. Die Silierung sowie die Trennung von Alt- und Jungtieren wurden zu 22 bzw. 36% angegeben und zeigten noch ordentliches Potential, das aber innerhalb eines Workshops breiter besprochen werden müsste, da auch nicht für jeden möglich (z.B. Mutterkuhhaltung). Bei der Schlussfrage zur Häufigkeit der Kotuntersuchung, um den spezifischen Betriebsdruck hinsichtlich Parasiten zu ermitteln, kam es zu folgendem Ergebnis. Gut 30% der Betriebe hatten noch nie auf Parasiten untersuchen lassen (behandelten aber zum großen Teil prophylaktisch!). Genau 50% der Betriebe ließen erst bei Problemen untersuchen. Einige Betriebe ließen ein paar ihrer Tiere im Frühjahr bzw. Sommer bzw. Herbst untersuchen, um den Parasitendruck in ihrer Herde zu kennen. Gut 8% ließen alle paar Jahre mal untersuchen und 13% nutzten die Daten aus den Schlachtbefunden zur Beantwortung der Frage. Zusammenfassung: Die erste Auswertung der Erhebung zeigte: Das Wissen um Parasiten und die Möglichkeiten der Prophylaxe und Bekämpfung sind noch lückenhaft. Ausblick: Im nächsten Schritt wird der Parasitenbefall direkt am Tier gemessen. Diese Daten, die wir in Phase zwei (jetzt) und Phase drei (Sommer) anhand von Kotproben gewinnen werden, sind Inhalt des Workshops Anfang nächsten Jahres.
Ergebnisbericht
110419ParasitenPDF.pdf
Ansprechpartner
Dr. Edmund Leisen
Mobil: +49173 9317440
E-Mail: edmund.leisen [at] lwk.nrw.de