
Foto: Bingers Kleine Scheune

Foto: Sabine Aldenhoff
Was tun mit leerstehenden Gebäuden, ehemaligen Ställen, Scheunen oder Gewächshäusern? Bietet eine Umnutzung die Chance, sich ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu schaffen? Von der Idee bis zum erfolgreichen Projekt sind allerlei Punkte zu beachten, die beim Umnutzungsforum besprochen wurden. Die eingeladenen Referenten beleuchteten das Thema in allen Facetten: Bauamt und Architekt, die fachbehördliche Stellungnahme der Landwirtschaftskammer und schließlich Steuer- und Finanzberater.
Impulse für Ideen
Die Landservice-Beraterinnen Birgit Jacquemin, Melanie Schlüters und Dr. Dorothee Schulze Schwering gaben Einschätzungen zur Direktvermarktung, zur Wohnungsvermietung oder ausgefalleneren Ideen. Bei der Direktvermarktung eigener Produkte ab Hof sei zu berücksichtigen, dass dies ein schrumpfender Markt sei und die Verbraucher hier zunehmend den Erlebniseinkauf suchen. Ein entsprechendes Konzept müsse unter anderem an den Zielgruppen, dem Standort, der Marktlage und den eigenen Leidenschaften ausgerichtet sein. Während die Vermietung von Zimmern oder Ferienwohnungen mit rund 400 Urlaubshöfen in NRW bereits gut etabliert ist und auf eine gute Nachfrage trifft, gibt es eine enorme Nachfrage, aber noch ein vergleichsweise kleines Angebot an Seniorenwohnungen auf dem Land, Motto „Bauernhof statt Altersheim“. Dabei gehe es in erster Linie um die Vermietung von Wohnraum. Für die Versorgung der Senioren müssten diese sich dann selbst an Pflegedienste und ähnliche Serviceanbieter wenden. Wer sich als Vermieter berufen fühlt, könne aber auch Zusatzleistungen selbst anbieten wie Hauswirtschaft, Begleitservice, Pflegeleistungen (bei entsprechender Zulassung) oder Freizeitgestaltung.
Beispiele für besondere Innovationen gab Dr. Schulze Schwering: Indoor Farming mit dem Anbau von Kräutern, Pilzen, Chicorée, Gewürzen oder Hanf. Oder die Produktion von Insekten für die Heimtiernahrung oder Aquakultur. Oder die Aquakultur selbst, also die Produktion von Fisch, Garnelen oder Algen in Gebäuden oder Containern. Die Vermietung von DIY-Werkstätten oder Künstlerateliers, von Verarbeitungsküchen oder Co-Working-Spaces sowie von Lagerflächen für Handwerker. Dabei spiele natürlich die Lage des Hofes eine Rolle.
Wie anfangen?
Sobald die Idee ausgereift ist und in der Familie Einigkeit herrscht, sollte der Kontakt zur Beratung, zu den Genehmigungsbehörden und Geldgebern sowie gegebenenfalls zu den zukünftigen Nutzern der Gebäude gesucht werden. Eine frühzeitige und transparente Kommunikation mit allen Beteiligten sichert den Erfolg des Vorhabens. Grundsätzlich bedarf jede Nutzungsänderung von Gebäuden der Genehmigung, so Angelika Heitling, die bei der Landwirtschaftskammer fachbehördliche Stellungnahmen für das Bauamt macht. Maßgeblich sind das Baugesetzbuch (BauGB), die Landesbauordnung sowie das jeweilige zuständige Bauamt. Wichtige Fragen beim Bauen im Außenbereich seien, ob das Gebäude einst privilegiert errichtet wurde und ob es einem landwirtschaftlichen Betrieb dient.
Bei der Umnutzung muss die äußere Gestalt des Gebäudes gewahrt bleiben. Entscheidend ist auch der Zustand des Gebäudes: Falls der Verfall zu weit fortgeschritten ist, wird eine Umnutzung nicht mehr genehmigt. Andernfalls ist die Rentabilität im Blick zu halten: Lohnt sich die Instandhaltung der Immobilie inklusive Kosten für Versicherungen? Zahlen sich die Investitionskosten in die Umnutzung aus? Wie passt die neue Nutzung in meinen Betrieb und seine Arbeitswirtschaft?
Ist die Genehmigung nicht sicher zu erwarten, kann es sich lohnen, eine Bauvoranfrage zu stellen. Das spart Kosten, denn dafür braucht es noch keine Architektenpläne, betonte Heitling. Beim Bauantrag sei es wichtig, dass sowohl seitens des Antragstellers wie auch seitens des Architekten alle Unterlagen vollständig und richtig eingereicht werden. Das beschleunige das Verfahren, weil keine Rückfragen nötig werden.
Perspektive des Bauamtes
Tipps für eine gute Zusammenarbeit zwischen Bauamt und Antragstellenden hatte Michael Joswig vom Bauamt des Kreises Soest. Laut § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB muss die neue Nutzung eine zweckmäßige Verwendung sein, bei der die äußere Form des ursprünglichen Gebäudes gewahrt bleibt; An- oder Erweiterungsbauten sind nicht zulässig. Sollen Wohnungen entstehen, so dürfen es maximal fünf auf einer Hofstelle sein. Bei Tierhaltung sei zu überdenken, ob es wegen der Geruchsemissionen klug ist, sich Mieter auf den Hof zu holen. Möglich seien neben Wohnungen unter anderem gewerbliche Nutzungen, Handwerksbetriebe, Lager- und Büroräume, Bauernhofcafés, Co-Working-Spaces, Abstellräume für Wohnwagen oder Boote. Nicht genehmigungsfähig sind Vorhaben, die mit Emissionen von Lärm, Gerüchen oder Staub die Nachbarschaft beeinträchtigen oder solche, bei denen mit einem hohen Verkehrsaufkommen zu rechnen ist.
In jedem Fall ist für den Umbau beziehungsweise die Umnutzung ein Architekt erforderlich. Bei der Planung sind bautechnische, statische und baurechtliche Fragen zu klären inklusive Brandschutz. Bei der Frage, ob das Gebäude geeignet ist, spiele bei ehemaligen Ställen oft die Geruchsproblematik eine Rolle, denn Gerüche könnten sich in Gebäuden lange halten.
Für ein erstes Gespräch mit dem Bauamt zur Klärung grundsätzlicher Fragen sind laut Joswig mitzubringen: Baugenehmigungen (sofern vorhanden, eventuell im Archiv des Bauamts), alte und aktuelle Fotos, Pläne oder Ideenskizzen für die geplante Nutzung. Im Anschluss kann eine Bauvoranfrage gestellt werden, die grundsätzliche Fragen zur Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens klärt und der Rechts- und Planungssicherheit dient, bevor ein Architekt beschäftigt wird.
Sicht des Architekten
Christian Tripp, Architekt aus Ahlen, erläuterte den Planungs- und Bauablauf von der Vision bis zur „Schlüsselübergabe“. Auch er riet, frühzeitig und offen mit dem Bauamt in Kontakt zu treten. Der beauftragte Architekt sollte unbedingt Erfahrungen mit landwirtschaftlichen Sanierungen und gegebenenfalls mit denkmalgeschützten Gebäuden mitbringen. Als Herausforderungen nannte Tripp unter anderem, je nach Objekt Brandschutz, Denkmalschutz, Statik, Schallschutz, Dämmung von innen zum Erhalt der Fassade, aufsteigende Feuchtigkeit oder das geeignete Heizungssystem.
Bei der Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude können verschiedene Fördermittel genutzt werden, unter anderem die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Diese bietet bei Sanierungen Fördermittel und Steuerboni beispielsweise für Dämmmaßnahmen, Wärmepumpen oder Solarkollektoranlagen sowie für die Energieberatung.
Steuerliche Aspekte
Steuerberater Jochen Nölle, Geschäftsführer der Wetrau Hellweg KG, informierte über die wichtigsten Steuerarten, die bei der Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude eine Rolle spielen: Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer, Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer und Einkommensteuer. Entscheidend sei unter anderem, ob das Gebäude zum Betriebs- oder zum Privatvermögen zählt und ob es vor oder nach der Umnutzung übertragen beziehungsweise vererbt wird. Grundsätzlich sollte vor Projektbeginn mit dem Steuerberater gesprochen werden, denn eine Umnutzung eines landwirtschaftlichen Gebäudes betrifft viele Steuerarten, die miteinander teils unerwünschte Folgen auslösen können, so der Referent.
Tipps zur Finanzierung
Abschließend gab Christian Solle, Referent für Einkommens- und Vermögenssicherung der Landwirtschaftskammer, ein paar Tipps, was bei der Finanzierung eines Umnutzungsprojekts zu beachten ist. Demnach sollte zuerst der Ist-Betrieb kritisch analysiert werden, ob er auf gesunden finanziellen Beinen steht. Dann stellt sich die Frage nach der Höhe der Investitionssumme, wobei entscheidend ist, wie viel Ertragskraft dem Kapitalbedarf gegenübergestellt werden kann. Bei höheren Summen sollte Eigenkapital vorhanden sein. Und natürlich stellt sich die Frage, wie hoch die Kreditzinsen sind.
Vor der rentablen, erfolgreichen Umnutzung gilt es also, viele Fragen zu klären und einige Experten mit ins Boot zu nehmen. Behilflich sind unter anderem von der Landwirtschaftskammer die Kolleginnen und Kollegen vom Landservice sowie aus der Betriebswirtschaft.
Sabine Aldenhoff/ LZ Rheinland