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Ökolandbau NRW

Wasser vor Stickstoff schützen

18.12.2024
Direktsaat in Zwischenfrucht

Foto: Rüdiger Graß

Das effektivste Werkzeug, überschüssigen Stickstoff im System zu halten, ist der Anbau von Zwischenfrüchten. Gerade im satzweisen Gemüsebau sollte ein Augenmerk darauf liegen, frei gewordene Flächen direkt zu begrünen, um bis zur Sickerwasserperiode möglichst hohe N-Mengen zunächst in der Biomasse zu speichern.

Die Bearbeitungszeiträume sollten gerade auf leichten Standorten so früh liegen, dass genügend Zeit für die Etablierung einer Zwischenfrucht bleibt und keine N-Verluste entstehen. Nur wenn Düngung und intensive Bodenbearbeitung frühzeitig im Jahr – im Spätsommer - abgeschlossen werden, kann es zu einer Drosselung der Mineralisierung passend zur anstehenden Sickerperiode kommen. Es gilt:

  • Je leichter und nasser der Standort, desto früher muss auf Bodenbearbeitung verzichtet werden und desto flacher und weniger intensiv muss diese erfolgen.
  • Je später im Herbst die Bearbeitung, desto weniger intensiv oder tief darf der Boden bearbeitet werden.

Bei Spätkulturen, die bis in den Herbst hinein und damit zum Teil über den Beginn der Sickerperiode hinaus einen N-Bedarf aufweisen, wie zum Beispiel Kopfkohl und Rosenkohl, kann N aus Mineralisierung und Bodenbearbeitung (Hacken) gut aufgenommen werden. In diesen Fällen darf der Boden keinesfalls nach der Ernte bearbeitet werden, solange er nicht kalt, also weniger als 4 °C kühl, ist. Als beste Methode zeigte sich, nach später Ernte auf oberflächiges Mulchen zu verzichten, da dieses zu einer schnelleren Mineralisierung der Erntereste führt. In der Abbildung ist zu sehen, wie durch die Bodenbearbeitung und Aussaat einer Begrünung die Nmin- Werte zur Sickerperiode ansteigen. Dass eine intensive Bodenbearbeitung im Herbst bei ausreichend Feuchtigkeit immer intensive Mineralisierungsschübe zur Folge hat, gilt nicht nur für leichte Standorte, sondern in geringerer Intensität auch für schwere Böden.

Zusammenfassend kann davon ausgegangen werden, dass mechanische Bodeneingriffe jedweder Art im Herbst aus wasserwirtschaftlicher Sicht äußerst problematisch sind. Hier bedarf es einer Neujustierung des Zielkonflikts zwischen produktionstechnisch sinnvollen Maßnahmen und Wasserschutzaspekten. Zwischenfrüchte und Untersaaten, die Anpassung von Düngung und Bodenbearbeitungszeiträumen sowie die Steuerung der Wasserzufuhr über Beregnung sind Werkzeuge, die dafür genutzt werden können.

Speicherung von N-Überschüssen

Das effektivste Werkzeug, überschüssigen Stickstoff im System zu halten, ist der Anbau von Zwischenfrüchten. Gerade im satzweisen Gemüsebau sollte ein Augenmerk darauf liegen, frei gewordene Flächen direkt zu begrünen, um bis zur Sickerwasserperiode möglichst hohe N-Mengen zunächst in der Biomasse zu speichern. Der gespeicherte Stickstoff wird im besten Fall als Futter oder Inputstoff für die Biogasanlage abgefahren, um Verluste zu minimieren und Nährstoffe bedarfsgerecht wieder auszubringen.

Bei Spätkulturen mit hohen Rest-Nmin-Gehalten im Boden, die durch Bodenbearbeitung oder Rodung weiter ansteigen, kann sich kein ausreichender Zwischenfruchtbestand vor Beginn der Vegetationsruhe entwickeln. Hier kann lediglich eine Begrünung geschaffen werden, die der Erosion vorbeugt und kleine Mengen von maximal 20 bis 50 kg N/ha aus dem Boden aufnehmen kann. Gerade deswegen ist es wichtig, den Rest-Nmin nach Kulturende so gering wie möglich zu halten. Dies ist günstiger und kalkulierbarer als eine spät etablierte Zwischenfrucht. Es gibt somit einen ausgeprägten Interessenskonflikt im Gemüsebau, wo die zweite Belegung oder der Anbau dieser Kulturen wirtschaftliche Gründe hat. Dieser kann durch die Knappheit der Ressource Stickstoff im ökologischen Anbau nicht vollständig entkräftet werden. Verstärkt werden diese negativen Wasserschutzaspekte im Gemüsebau oft durch große Mengen an Ernteresten mit engem C/N Verhältnis, die unmittelbar nach der Ernte aus Gründen der Fruchtfolge (Anbaupausen) oder aus phytosanitär Gründen zerkleinert und eingearbeitet werden.

Grafiken Nmin

Was ist mit Problemkulturen?

Für einige Gemüsekulturen, zum Beispiel Lager-Möhren und Chicorée sowie in etwas geringerem Umfang Zwiebeln, Rote Bete und Sellerie, geht die Ernte im Herbst notwendigerweise mit Rodevorgängen und damit verbundenen intensiven Bodenbewegungen einher. Die Böden sind zur Ernte noch warm, Bodenfeuchte ist oft in ausreichendem Maße vorhanden, wodurch es zwangsläufig zu intensiven Mineralisierungsschüben kommt. Durch den Klimawandel sind diese bereits heute ausgeprägter als noch in den 1970er-Jahren und werden sich weiter verstärken.

Problemkulturen sind insbesondere folgende, bei denen entsprechende Maßnahmen getroffen werden müssen:

  • Spät räumende Rodekulturen mit hohen Rest-Nmin-Gehalten im Boden nach intensiver Bodenbewegung, zum Beispiel Lager-Möhren: Eine Lösung können nur Sorten mit einem frühen Erntetermin, der Kühlmöglichkeiten erfordert, und die Aussaat einer Begrünung sein.
  • Späträumende Kulturen mit geringen Entzügen zu Vegetationsende und hohen N-Mengen in Ernteresten, zum Beispiel Kürbis: Auch hier liegt die Lösung im vorgezogenen Erntetermin sowie in der Etablierung von Untersaaten oder Zwischenfrüchten ohne Bodenbearbeitung.
  • Kulturen mit hohen Rest-Nmin-Werten im Boden aufgrund kulturbedingter erhöhter N-Düngung und spätem Erntetermin, zum Beispiel Blumenkohl: Reduktion des Überschusses auf ein Minimum durch angepasste und frühe Düngung. Die begleitende Nmin-Beprobung ist hierbei das entscheidende Werkzeug, um die Versorgung der Kultur und Nachlieferung aus dem Bodenvorrat einschätzen zu können.

Potezielle Lösungsansätze

Folgende Handlungsoptionen aus der Praxis im Sinne eines optimierten Wasserschutzes sind bei einer Neubewertung des Zielkonflikts zwischen gemüsebaulichen und wasserwirtschaftlichen Maßnahmen denkbar und sollen als Beispiele dienen:

  • Die traditionelle Winterfurche wird ersetzt durch eine Frühjahrsfurche mit verdunstungsreduzierenden Maßnahmen.
  • Der Umbruch von Kleegras erfolgt ausschließlich ausgangs des Winters oder im Frühjahr.
  • Etablierung von Winterungen, Klee-Neuansaaten und anderen, möglichst mit minimaler Bodenbearbeitung, gegebenenfalls im Direktsaatverfahren an abtragender Stelle der Fruchtfolge.
  • Nach einer späten Gemüseernte im Herbst wird auf die Zerkleinerung und Einarbeitung von Ernteresten verzichtet. Der beabsichtigte phytosanitäre Effekt wird durch intensive Zerkleinerung der Erntereste im Frühjahr ebenfalls erreicht. Eine Begrünung kann nur bis Mitte September einen nennenswerten Effekt hinsichtlich N-Speicherung bringen und sollte mit minimaler Bodenbewegung erfolgen.
  • Rodevorgänge werden möglichst Ende August/Anfang September beendet, damit genügend Zeit für die Etablierung einer aufwuchsstarken Gründüngung vorhanden ist. Während dies bei der Kartoffel durchaus möglich ist, gibt es beispielsweise bei Möhren, die im Kühlhaus lange lagern sollen, einen ausgeprägten Interessenskonflikt, da zu früh und zu warm eingelagerte Möhren für die lange Lagerung ungeeignet sind. Dementsprechend müsste auf den Anbau von Lagerware in sensiblen Gebieten verzichtet werden, um eine Zwischenfrucht etablieren zu können.
  • Rodevorgänge werden technisch verbessert. So ließe sich beispielsweise die Zwiebelernte mit einigen technischen Maßnahmen dahingehend verändern, dass statt wie bisher mindestens 10 cm der oberen Bodenschicht nur noch 2 bis 3 cm durch Siebketten aufgenommen und abgesiebt werden. Es bliebe mehr Boden unberührt und die nachfolgende Mineralisierung wäre geringer.
  • Ebenfalls technische Änderungen könnten an den Kohlerntemaschinen vorgenommen werden, damit der Strunk stehen bleibt. Zurzeit wird mit dem Erntevorgang der Strunk aus der Erde gerissen und steht danach mit seinem tiefen Wurzelwerk nicht mehr für die Aufnahme weiterer N-Restmengen zur Verfügung.

Fazit

Dieses sind beispielhafte Ideen aus der Praxis, um den Herausforderungen des Wasserschutzes im ökologischen Gemüsebau gerecht zu werden. Ein Umdenken bei der Erntetechnik kann auf andere Kulturen übertragen werden. So sollte auch die Frage gestellt werden, ob zum Beispiel Strunk und Blattmasse bei der Ernte gehäckselt auf dem Feld verbleiben und ob Putzabfälle hierhin zurückgeführt werden müssen, oder ob sie vielmehr unter kontrollierten Bedingungen kompostiert werden sollten. Die Herausforderung besteht darin, neue Techniken so umzusetzen, dass sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Arbeitsbelastung auf dem Niveau herkömmlicher Erntetechnik bleiben.


Pascal Gerbaulet, Landwirtschaftskammer NRW
Willi Bolten, Bolten OHG