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Ökolandbau NRW

„Wir liefern, was der Markt verlangt“

14.02.2025

Luna é Terra, Bio Inside, Natural Cool: Die Produkte von Green Organics sind europaweit zu finden - man sieht es nur nicht (immer). Dabei vermarktet das genossenschaftlich organisierte Unternehmen mit Sitz in der Provinz Flevoland im Norden der Niederlande Gemüse, Kartoffeln und Obst von gut 200 Vertragsanbauern. Und Unternehmensgründer Jan Groen träumt den Traum von 100 % Bio bis 2030. Wenn man ihn und seine Strategie kennenlernt, nimmt man ihm dieses ambitionierte Ziel beinahe ab.

Seit nunmehr 30 Jahren engagiert sich Jan Groen im Biobereich. Sein Weg dorthin war interessant und kurvenreich. Jans Wurzeln liegen auf einem Milchviehbetrieb in Kampen nahe bei Dronten im Flevoland, dem heutigen Unternehmenssitz von Green Organics. Über seinen Vater, der zwar kein Landwirt geworden ist, aber viel mit der Obst- und Gemüseversteigerung in Kampen zu tun hatte, bekam Jan auf der dortigen Gemüseversteigerung „Veiling Kampen-Zwolle-Ijsselmeerpolders“ (KZIJ) seinen ersten Job als Qualitätsmanager. „Da habe ich zum ersten Mal mein Vermittlungsgeschick zwischen den hiesigen Bauern und dem Handel einbringen können“, erinnert er sich.

Bis 1995 war er also fürs Qualitätsmanagement von Freilandgemüse, wie Möhren, Grünkohl, Porree und Zwiebeln, zuständig. Bis die in den 1990er-Jahren federführende biologische Erzeugergenossenschaft Nautilus Organic auf ihn aufmerksam wurde und als Verkaufsleiter abwarb. „Ich hatte schon bei der Versteigerung Biogemüse kennengelernt. Neu waren bei Nautilus aber die genossenschaftlichen Strukturen: Das Biogemüse war schon vor dem Anbaujahr verkauft, die Landwirte hatten eine gesicherte Abnahme für ihre Erzeugnisse. Das hat mich interessiert! Ich habe bei Nautilus viel dazugelernt, wie man Biogemüse verkauft“, so Jan Groen.

Bio wird salonfähig

Und das war zu dieser Zeit nicht von Nachteil: In den 90er-Jahren waren die großen Lebensmitteleinzelhändler, wie Albert Heijn und Jumbo, unter Druck, Biolebensmittel in ihr Angebot aufzunehmen und dieses auszuweiten. „Also bin ich der Maxime gefolgt: Mehr Bio in den LEH!“ Der Anteil der Biolandwirtschaft in Flevoland habe da noch 6 bis 7 % betragen. Stand heute hat er sich in Flevoland - auf nach wie vor Jan nicht zufriedenstellende - 15 % verdoppelt.

1999/2000 sei für ihn die Wende gekommen und er habe gemerkt, dass er wieder enger mit den Produzenten zusammenarbeiten wolle. „Daher habe ich eine eigene Hinterzimmerfirma mit grünen Produkten gegründet“, wie er seine Handelsorganisation für Bio-Gemüse und -Obst zunächst umschreibt. Der Grundstein für Green Organics war gelegt.

Jan Groen hat 2000 das Unternehmen Green Organics gegründet. Seitdem mischt er im europäischen Biolebensmittelmarkt federführend mit. Green Organics plant das Produkt von der Aussaat bis zur Ernte und organisiert die Vermarktung mit dem Anspruch, kurze Ketten einzuhalten. Foto: Meike Siebel

Familienfirma mit Bio-Seele

Das Ziel seiner Kettenvereinigung war von Anfang an klar definiert: „Ich wollte die Landwirte mit den Händlern und die Händler mit den Erzeugern vernetzen und dabei eine enge Produktkette knüpfen von der Saat über die Ernte bis zur Vermarktung an die Endverbraucher“, erläutert der 57-Jährige, der sich von Anfang an auch in den unterschiedlichsten Verbänden und Organisationen, wie BioNederland oder Bionext, engagiert hat und zugibt: „Ich mag Verbandsarbeit!“. Und was einige als Handicap sehen, nennt Jan selber seinen „way of life“: Sich zu vernetzen und alles erdenklich Mögliche zu organisieren. So beschäftigt er heute 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Firmensitz in Dronten und nimmt die Produkte von etwa 200 Biolandwirten ab, deren Höfe im Umkreis von maximal 300 km liegen. „Dabei ist Green Organics unabhängig, ich habe nie Anteile verkauft. Wir sind ein Familienunternehmen mit Bio-Seele“, betont er.

Organisiert ist Green Organics wie eine Genossenschaft. „Sechs Landwirte sind im Vorstand; mit ihnen machen wir die Anbauplanung, besprechen die nötigen Mengen der jeweiligen Kulturen, den Fruchtwechsel, aber eben auch die Preise und die Vertragsbedingungen: Welches Produkt muss in welchen Qualitäten und welchem Volumen lieferbar sein?“, fasst Jan die Gangart zusammen. Dabei ist es ihm wichtig, dass die Landwirtinnen und Landwirte die Anbauflächen bekommen, die ihren Neigungen entsprechen und mit denen sie langfristig wirtschaften können und wollen. Mit den Kunden würden die Preise verhandelt, die der Bauer braucht. „Wir gehen nach den alten genossenschaftlichen Strukturen vor und führen offene Diskussionen mit den Kunden und den Bauern“, meint der Unternehmenschef weiter. Dabei werde jeder Vertrag jährlich neu abgeschlossen. „Die Landwirte haben eine Lieferpflicht, damit wir abgeben können, was der Markt verlangt. Jeder einzelne muss seinen Job gut machen.“

Das Produkt zu 100 % organisieren

Damit das gelingt, beraten Spezialisten bei Green Organics die Vertragslandwirte umfassend. „Wir organisieren den kompletten Prozess, besprechen den Anbau, beschaffen das biozertifizierte Saatgut und bestellen die Lohnunternehmen, die dann den Erbsendrusch oder die Spinaternte durchführen.“ Dabei solle die Produktkette vom Saatgut bis zum Endverbraucher möglichst kurz sein. „Sicher ist: Alles, was unsere Biobetriebe anbauen, vermarkten wir auch!“ Und das auf unterschiedlichen Märkten, europaweit. Ein Abnehmer ist unter anderem die Industrie, zum Beispiel Konservenfabriken, Tiefkühlfabriken oder Hersteller von Babynahrung, die das Tiefkühlgemüse verarbeiten. Große Einheiten gehen auch an Betriebe in der Außer-Haus-Verpflegung.

Damit alles immer in ausreichender Menge verfügbar ist, geht Green Organics antizyklisch vor. „Von März bis Juni dominieren saisonbedingt die Europa Importe das Angebot. Früher haben wir Bioprodukte aus Südamerika bezogen, heute konzentrieren wir uns auf Biobetriebe in Südeuropa“, erklärt er. „Auch diese Rohware muss gut und 100% bio organisiert sein.“

Dabei arbeitet Green Organics mit strategischen Partnern zusammen. „Nichts ist in unserem Eigentum; wir haben eigenen Lagerbestände, sondern mieten dazu Lagerraum. Das gilt auch für die Tiefkühlkapazitäten: Auch hier lassen wir im Lohn verarbeiten“, nennt Jan Groen einen weiteren wichtigen Grundsatz seines Geschäftsmodells. Eine Sortier- und Packstation liege zum Beispiel in Deutschland nahe der Grenze. „Der Betrieb kauft unsere Rohware, wir kaufen sie, sortiert und verpackt, zurück. Das ist alles sehr dynamisch.“

Auch einige deutsche Biobetriebe nehmen diese Dienstleistungen aus Flevoland gerne in Anspruch: So vermarkten auch mehrere Demeter- und Naturland-zertifizierte Biobetriebe im Raum Nordrhein-Westfalen, nahe an der Grenze zu Holland, vor allem Rote Bete, Erbsen, Bohnen, Möhren und Kürbisse, in Abhängigkeit von der Fruchtfolge auch Zuckermais über Green Organics.

Die Green Organic Gruppe

Jan Groen beschränkt sich schon lange nicht mehr nur darauf, mit einem Bein im Anbau und mit dem anderen in der Vermarktung zu stehen. Vielmehr balanciert er unterdessen mit acht Firmenausgründungen, so genannten „Good Practice Organisations“, die eng mit der Food Chain verknüpft sind - immer mit dem Fokus auf Gemüse, Kartoffeln und Obst. Dafür geht er Joint Ventures mit anderen Unternehmen ein. Ein Beispiel ist der Safthersteller Flevosap, dessen Produkte landesweit in allen Supermarktregalen zu finden sind. „Seit 2020 hat Flevosap auch Biosäfte im Portfolio. Dafür liefern wir das Gemüse - Möhren, Rote Bete -, bringen so unsere Produkte auf einem weiteren Weg in den Markt und steigern damit den Bio-Absatz“, zeigt sich Jan zufrieden.

Ein weiteres Beispiel ist die Kooperation mit dem Restaurant „FoodVia“ in Arnheim, das bioregionale, saisonale Produkte von Landwirten verarbeitet, die Green Organics gut kennt. „Und wir sind Mitglied bei ERF-1, dem ältesten Milchviehbetrieb auf Kampereiland in Overijssel, der den Käse aus der eigenen Molkerei und Käserei direkt vermarktet. Auch hier zählt für mich wieder die kurze Kette zwischen Produzent und Endverbraucher“, betont Jan sein Engagement über den Gemüsebau hinaus.

Das jüngste Interesse des umtriebigen Geschäftsführers gilt aber dem Sojabohnen-Frischgemüse-Anbau für menschlichen Konsum. „Wir sind ganz vorne mit dabei beim Anbau von „Dutch Edamame“ (Dutch Soy). Ich bin der Meinung, dass wir die so genannten Green Proteins durchaus von unseren regionalen Landwirten produzieren lassen können. Da besteht nicht nur im Biolebensmittelbereich großer Bedarf, sondern auch im konventionellen. Daher knüpfe ich auch enge Kontakte zu konventionellen Firmen, die sich bei Soja-Anbau und -vermarktung engagieren, und versuche, sie mit den Erzeugern zu vernetzen.“

Neben dem Biolandbau und der Erzeugung pflanzlicher Proteine ist Jans drittes Steckenpferd die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Auch in diesem Bereich entwickelt er derzeit ein neues Geschäftsmodell.

Mission possible

Bei all der geschäftlichen Umtriebigkeit möchte Jan Groen sehr deutlich einen Wert vermitteln: „Green Organics soll für die Landwirtinnen und Landwirte ebenso wie für die nachfolgenden Glieder in der Wertschöpfungskette eine vertrauensvolle Organisation sein. Transparenz ist elementar, um allen Partnern und Mitgliedern Planbarkeit ihres Wirtschaftens zu garantieren. Dabei hat Green Organics die Mission: Wenn sich der Biomarkt in den Niederlanden weiterentwickelt, dann wollen und müssen wir ganz vorne dabei sein!“


Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW