Auf der Fläche von und eingebettet in das bunte Ensemble der Biologischen Station des Kreises Unna, nur wenige 100 m vom Datteln-Hamm-Kanal entfernt, findet sich der Unternehmenssitz der Biofleisch NRW eG. Der Blick auf die rauchenden Schlote des gegenüberliegenden Steinkohlekraftwerks Bergkamen gehört dazu, wenn man die Genossenschaft von mehr als 100 Biolandwirten und -landwirtinnen am nordöstlichen Rande des Ruhrgebietes besucht.
Mitte der 1990er-Jahre wurde die Biostation auf einer Fläche des Kreises Unna gegründet; wenig später gesellte sich die Neuland Fleischvertriebs GmbH dazu, sodass sich die bäuerliche Neuland GmbH - mit eigenem Zerlege- und Verarbeitungsbetrieb - und eine kommunal aufgestellte Organisation einen Standort teilten. „Mitte der 90er-Jahre gab es in der Region noch keine echte Biofleischvermarktung, die ortsansässigen Biobetriebe haben alle über Neuland vermarktet, das damals das preishöchste Qualitäts- und Markenfleischprogramm anbieten konnte“, erläutert Christoph Dahlmann, Geschäftsführer der Biofleisch NRW, die Anfänge der Biofleischvermarktung auf dem Gelände. Damals hatte die Geschäftsführung der Neuland Fleischvertriebs GmbH noch Hugo Gödde inne. „Die Neuland GmbH suchte Ende der 1990er nach Möglichkeiten, zu expandieren, und ist 1999 mit Verwaltung, Zerlegung und Produktion in die Gebäude gegenüber der Biostation eingezogen“, berichtet Christoph Dahlmann über die bewegenden Gründerjahre.
Mit zunehmender Professionalisierung bei der Bio- und Markenfleischvermarktung sei der Aufbau einer eigenständigen Biofleischvermarktung einhergegangen. Das Resultat war 2001 die Gründung des Biofleisch NRW w.V. aus zunächst einigen wenigen Biobetrieben. Seit ihrer Gründung hat die im Jahre 2008 zur Genossenschaft umfirmierte Biofleisch NRW eG einen erfolgreichen Werdegang beschritten, sodass schon 2007 weitere Kühlhäuser, eine Zerlegehalle, Produktionsräume und eine Cutterei angebaut werden konnten, außerdem Räumlichkeiten für die Verpackung, Kommissionierung und Auslieferung. 2019 kamen weitere bauliche Um- und Neubauten hinzu, die Produktionsfläche umfasst mittlerweile 2 000 m².

Fotos: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW

Metzgermeister Andreas Sperber entwickelt das ausgefeilte Wurstprogramm stetig weiter. Er ist außerdem stellvertretender Geschäftsführer.
Vollsortiment und reichhaltiges Programm
Heute zählt die eG rund 110 Genossenschaftsbetriebe. Zertifiziert ist das Unternehmen von den in NRW führenden Verbänden Bioland, Biokreis und Naturland, was wiederum voraussetzt, dass auch die Genossenschaftsbetriebe einem dieser Verbände angehören. Die beliefern Biofleisch NRW mit Schweinen und Rindern, Geflügel, Schaf- und Lammfleisch. „Wir verarbeiten hier das volle Sortiment der Genossenschaftstiere und haben alle Tierarten im Angebot. Daraus resultiert auch das reichhaltige Programm, das unsere Kunden bei uns abrufen können“, erklärt der Geschäftsführer. So stellten die Mitarbeiter allein mehr als 110 verschiedene Wurstsorten her.
„Wir haben bei den jüngsten Umbauten sehr viel Wert darauf gelegt, die Wurstproduktion auszudehnen. Denn: Das reichhaltige Sortiment ist nicht nur Ergebnis der Verwirklichung von Kundenwünschen, die wir in beinahe allen Fällen erfüllen können. Das ausführliche Wurstprogramm ist vor allem unserer Verpflichtung der Ganztiervermarktung geschuldet, alle Stücke werden veredelt“, erklärt Christoph Dahlmann. Seine Mitarbeiter und Kollegen, allen voran Metzgermeister und stellvertretender Geschäftsführer Andreas Sperber, versuchen dabei, sehr flexibel auf die meisten Wünsche zu reagieren.
In den Kühlhäusern hängen Würste, Schinken und weitere veredelte Teilstücke.



Regionaler Verarbeiter
Geschlachtet wird bei Biofleisch NRW übrigens nicht. „Wir arbeiten mit mehreren kleineren mittelständischen, sehr kompetenten Handwerksbetrieben, zum Beispiel in Unna, im Sauer- und Siegerland oder in Ostwestfalen-Lippe zusammen - und das auf Augenhöhe. Nur so hat sich unsere Genossenschaft so gut und weit entwickeln können“, zeigt sich Dahlmann überzeugt.
Die Regionalität findet sich dabei nicht nur bei den Metzgereien; auch die Mitgliedsbetriebe liegen vor allem im direkten Umland, wie bei Unna und im Ruhrgebiet, im Münsterland, im Kreis Höxter sowie teilweise am Niederrhein. Und was für die Erzeuger und Verarbeiter gilt, spiegelt sich auch in der Entwicklung der Kundenstrukturen wieder: „Wir beliefern den Naturkostfachhandel, Gastronomiebetriebe und Direktvermarkter, regionale Metzgereien und den freien Lebensmitteleinzelhandel“, nennt Christoph Dahlmann die Kundengruppen. „Mit diesen Kundenstrukturen sind wir groß geworden.“
Herausfordernder Wettbewerb
Dabei bleibe die Herausforderung, als kleines mittelständisches Bio-Unternehmen neben den konventionellen Strukturen mit deutlich niedrigeren Stückkosten zu bestehen. „Ich schätze an unserer Arbeit aber die Kultur, in der es den Mitbewerber gibt und nicht den Konkurrenten, den es auszustechen gilt. Hier werden Regeln beachtet, wie ein gemeinsames Agieren im Sinne einer nachhaltigen Marktentwicklung, die an anderer Stelle häufig nicht mehr wahrgenommen werden. Auch dieser Aspekt gehört zu einem Qualitäts- oder Markenfleischprogramm dazu!“
Nicht ohne Stolz verweist Christoph Dahlmann auf die Tatsache, dass Biofleisch NRW eG ein Ausbildungsbetrieb ist. „Wir beschäftigen etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter eine Vielzahl an Metzger, die bei uns ihre Ausbildung gemacht und diese zum Teil als Jahrgangsbeste abgeschlossen haben. Auch aus diesem Grunde hat sich unsere Genossenschaft so positiv entwickelt.“
Meike Siebel
Landwirtschaftskammer NRW

Die Produktionshallen wurden zuletzt 2019 weiter ausgebaut.