
Foto: Markus Mücke, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Beim Öko-Sommerhafer sind die Erträge und Qualitäten in diesem Jahr sowohl in den Sortenversuchen als auch in der Praxis überwiegend zufriedenstellend bis erfreulich ausgefallen. Teilweise kam es aber auch zu enttäuschenden Ernteergebnissen. Flankierend haben eine stabile Nachfrage nach Öko-Konsumhafer und zufriedenstellende Erlöse zum Anbau von Hafer motiviert. Diese positiven Vermarktungsaussichten waren in diesem Frühjahr insofern begrüßenswert, da durch den nassen Herbst 2023 zahlreiche Flächen nicht mit Wintergetreide bestellt werden konnten, oder aufgrund von Nässe einen Umbruch im Frühjahr erforderten. Zwangsläufig mussten 2024 deutlich mehr Sommerungen für den Anbau eingeplant werden.
Anbauzahlen aus Niedersachsen
Die niedersächsischen Anbauzahlen 2024 für Öko-Sommerhafer zeigen - auf Grundlage der beantragten Fläche über die Agraranträge - einen Anstieg um rund 416 ha auf insgesamt 2901 ha. Das der Anstieg der Öko-Sommerhaferfläche nicht noch höher ausgefallen ist, lag vor allem an der sehr knappen Saatgutverfügbarkeit. Wegen des verregneten Sommers 2023 lagen suboptimale Saatgutqualitäten vor, was zu hohen Aberkennungsraten von Vermehrungspartien und somit zu einer sehr knappen Saatgutverfügbarkeit führte. Hafersaatgut war schnell ausverkauft und es musste notgedrungen auf andere Sommerkulturen umgeschwenkt werden.
Aussaatbedingungen waren nicht überall optimal
Die Aussaatbedingungen waren in diesem Frühjahr für den Haferanbau aus pflanzenbaulicher Sicht nicht überall optimal. Aufgrund der anhaltenden Nässe konnte nicht auf allen Standorten eine frühzeitige Aussaat im März realisiert werden. Teilweise war erst Ende April eine Bestellung möglich. Das anhaltend kühle Frühjahr bremste zudem die Mineralisierung von Nährstoffen, insbesondere von Stickstoff. Eine überwiegend ausgeglichene Niederschlagsverteilung und das Ausbleiben längerer Trockenheits- und Hitzeperioden sicherte die wichtige Wasserverfügbarkeit für den Hafer ab. Trotz zeitweise unbeständiger Witterungsphasen zur Ernte, blieben witterungsbedingte Qualitätseinbußen weitestgehend aus.
Qualitätshafer ist gefragt
Hafer ist als Lebensmittel mit ernährungsphysiologischen Vorzügen bekannt. In der Humanernährung findet er vor allem in der klassischen Form als Haferflocken Verwendung, oder er wird auch zunehmend in weiteren Produkten wie Haferdrinks oder Backwaren verarbeitet. Öko-Hafer wird somit in erster Linie zu Konsumzwecken nachgefragt und angebaut. Die Verwertung als Futter spielt eine untergeordnete Rolle. Beim Anbau sind die Qualitätsanforderungen der Verarbeiter an die Sorte zu berücksichtigen. Gefordert wird ein hohes Hektolitergewicht (hl-Gewicht). Die Mindestanforderungen variieren je nach Abnehmer zwischen 52 und 54 kg. Daran orientiert sich in der Regel auch die Bildung des Erzeugerpreises. Schälmühlen fordern zudem eine hohe Kernausbeute, einen geringen Spelzanteil und leicht zu entspelzende Körner. Je nach Verarbeiter liegen die Höchstwerte beim Spelzanteil meistens zwischen 26 und 30 %. Außerdem sind möglichst großkörnige Partien gefragt (Sortierung), da kleine Haferkerne schwieriger schälbar sind. Gegenwärtig gestalten sich die Vermarktungsmöglichkeiten beim Öko-Konsumhafer recht erfreulich.
Die solide Nachfrage hat die Erlöse stabilisiert. Gleichwohl sollte die Ausdehnung der Anbaufläche behutsam erfolgen. Veränderungen am Markt sind weiterhin im Blick zu behalten und der Anbauumfang ist mit der aufnehmenden Hand abzustimmen und eventuell über Kontrakte abzusichern.
Sommerhafer braucht Wasser
In der Praxis ist es häufig nicht sicher, die geforderten Hektolitergewichte zu erreichen. Einen großen Einfluss haben die Standort- und Umweltbedingungen. Um gute Qualitäten zu erreichen, sind Standorte mit gesicherter Wasserverfügbarkeit zu bevorzugen. Die Aussaat sollte möglichst zeitig ab März erfolgen. Eine frühe und kräftige Wurzelausbildung ist optimal zur Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit und wirkt sich bei frühen Saaten positiv auf den hohen Wasserbedarf des Hafers aus. Voraussetzung ist aber, dass die Witterungs- und Bodenverhältnisse eine Bodenbearbeitung und Aussaat zulassen. Wenn möglich sollte die Aussaat bis Mitte April abgeschlossen sein. Spätsaaten nach Mitte April erhöhen vor allem auf trockenen Standorten das Risiko unzureichender Kornqualitäten deutlich.
Wichtige Sortenwahl
Eine weitere wichtige Stellschraube zur Absicherung der Qualitäten ist die Sortenwahl. Dazu ist in erster Linie auf die Qualitätseigenschaften der Sorten zu achten. Zudem sind die Anforderungen der aufnehmenden Hand an Sorte und Qualität vor dem Anbau zu klären. Bei der Sortenwahl ist ferner auf eine solide Standfestigkeit, auf eine geringe Neigung zum Halmknicken und zur Beikrautunterdrückung auf eine hohe Frohwüchsigkeit zu achten. Da der Hafer dichte Bestände bilden kann, und dadurch Pilzkrankheiten gefördert werden können, ist besonders auf eine geringe Mehltauanfälligkeit zu achten.
Ergebnisse der mehrjährig geprüften Sorten
Max wird bereits mehrjährig geprüft und hat sich aufgrund seiner Stärke beim Hektolitergewicht, den niedrigen Spelzanteilen und der ausgewogenen Sortierung als Qualitätssorte etabliert. Mit Blick über die Standorte und Versuchsjahre bewegen sich die Ertragsleistungen im Mittel auf durchschnittlichem Niveau. Auf den lehmigen Prüfstandorten des ABG 3 fallen die Erträge stabiler aus. Zu beachten ist die Schwäche bei der Halmstabilität. Obwohl neue und interessante Qualitätssorten am Start sind, wird Max weiterhin von den Verarbeitern nachgefragt. Für den Anbau gehört Max nach wie vor in die engere Wahl.
Apollon steht ebenfalls mehrjährig in den Ökoversuchen. Die Erträge liegen in den Anbaugebieten in der dreijährigen Betrachtung knapp unter dem Standardmittel. Die Hektolitergewichte bewegen sich im leicht unterdurchschnittlichen Bereich. Wegen der hervorragenden Sortierung eignet sich Apollon gut als Schälhafer. Die Frohwüchsigkeit und die Pflanzenlänge liegen über dem Versuchsmittel. Hervorzuheben ist die ausgeprägte Standfestigkeit und Halmstabilität. Die Festigkeit gegenüber Mehltau fällt durchschnittlich aus. Für den Anbau kommt Apollon weiterhin in Frage.
Lion tendiert im dreijährigen Mittel zu leicht überdurchschnittlichen Erträgen. Er überzeugt mit hohen Hektolitergewichten und niedrigen Spelzanteilen. Die Sorte ist knapp mittellang im Wuchs, verbunden mit einer soliden Halmstabilität. Die Mehltauanfälligkeit ist durchschnittlich. Aufgrund der überzeugenden Qualitäten und der ausgewogenen Eigenschaften gehört Lion für den Anbau in die engere Wahl.
Fritz überzeugt über die drei Anbaugebiete mit überwiegend überdurchschnittlichen Erträgen. Zudem liegen die Hektolitergewichte in den Versuchen häufig über dem Mittel. Die Spelzanteile bewegen sich auf durchschnittlichem Niveau. Fritz verfügt über eine durchschnittliche Mehltaufestigkeit und eine auffällige Frohwüchsigkeit. Ein Anbau als Konsumhafer kommt in Frage. Allerdings trübt die deutliche Schwäche bei der Standfestigkeit und der Halmstabilität die Anbauwürdigkeit.
Platin hat das dritte Versuchsjahr absolviert und steht ertraglich, von vereinzelten Schwächen in den Anbaugebieten abgesehen, überwiegend auf leicht überdurchschnittlichem Niveau. Zudem tendiert die mittelfrühe Sorte zu überdurchschnittlichen Hektolitergewichten und niedrigen Spelzanteilen. Die Sorte ist blattgesund, frohwüchsig und halmstabil. Für den Anbau als Qualitätshafer gehört Platin in die engere Wahl.
Ergebnisse der zweijährig geprüften Sorten
Karl kann mit überwiegend stabilen Ertragsleistungen überzeugen. Die niedrigen Spelzanteile und die gute Einstufung bei der Sortierung lassen eine Eignung als Schälhafer erwarten. Hervorzuheben ist zudem die sehr geringe Anfälligkeit gegenüber Mehltau. Leichte Schwächen hat die Sorte bei der Standfestigkeit. Ein Probeanbau ist überlegenswert.
Asterion kann ertraglich am Standort Futterkamp überzeugen. Auf den übrigen Standorten bewegen sich die Ertragsleistungen überwiegend nur leicht unter dem Standardmittel. Die Hektolitergewichte liegen auf leicht überdurchschnittlichem Niveau. Hervorzuheben ist die herausragende Festigkeit gegenüber Mehltau. Ein Probeanbau ist überlegenswert.
Rambo ist eine polnische Züchtung, die zu leicht überdurchschnittlichen Erträgen tendiert. Schwächen hat die langstrohige Sorte bei der Standfestigkeit. Die Hektolitergewichte überzeugten bislang nicht.
Stephan zeigt in den Anbaugebieten deutlich schwankende Erträge. Die Hektolitergewichte liegen im Mittel. Auffällige Schwächen hat die Sorte bei der Standfestigkeit.
Perun wird nicht auf allen Standorten geprüft. Die Erträge und Hektolitergewichte bewegen sich im zweijährigen Prüfzeitraum meistens im Bereich des Versuchsmittels.
Interessante Neuzugänge
In die Ökohaferprüfung sind vier neue Sorten aufgenommen worden. Die Datengrundlage bei den Qualitäten und Erträgen ist noch niedrig. Für abgesicherte Aussagen sind weitere Versuche erforderlich.
Caledon fällt auf Anhieb mit überwiegend erfreulichen Erträgen auf. Die Hektolitergewichte bewegen sich auf durchschnittlichem Niveau. Hervozuheben ist die ausgeprägte Festigkeit gegenüber Mehltau. Die Erträge der halmstabilen Sorte Waran erreichen durchschnittliche Werte. Die Hektolitergewichte liegen unter dem Versuchsmittel. Eddy fällt mit überdurchschnittlichen Erträgen positiv auf. Die Hektolitergewichte liegen leicht über dem Versuchsmittel. Elron erreicht dagegen deutlich schwächere Erträge und Qualitäten.
Sorten aus abgeschlossener Prüfung für den Öko-Anbau
Die Sorten Kaspero und Magellan haben die mehrjährige Öko-LSV-Prüfung abgeschlossen. Sie können auf Grundlage der Versuchsergebnisse weiterhin in die engere Wahl genommen werden.
Fazit für den Sommerhaferanbau
- Gefragt sind Speisehafersorten mit einem hohen Hektolitergewicht und geringen Spelzanteil.
- Die Sorte Max ist weiterhin aufgrund seiner guten Qualitätseigenschaften bei der aufnehmenden Hand gefragt und gehört in die engere Wahl.
- Von den mindestens dreijährig geprüften Sorten kommen mit ebenfalls guten Qualitätseigenschaften die Sorten Lion, gefolgt von Platin und Fritz für den Anbau in Frage.
- Apollon verfügt über eine großkörnige Sortierung und eignet sich gut für den Schälhaferanbau.
- Von den zweijährig geprüften Sorten sind Karl und Asterion für den Probeanbau als Speisehafer interessant.
Markus Mücke,
Landwirtschaftskammer Niedersachsen