Logo der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen - zur Startseite der Landwirtschaftskammer

Ökolandbau NRW

Exkursion zum tiefsten Loch Europas

20.08.2024

Tagebaufolgelandschaften mit im Schnitt 96 bis 98 Bodenpunkten sowie spannende Forschungsprojekte standen bei einer Exkursion der „Land-Innovation-Lausitz“ (LIL) ins Rheinische Revier auf dem Programm. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse waren ausgesprochen vielfältig und lehrreich.

Nachdem letztes Jahr eine Delegation aus Nordrhein-Westfalen in die Lausitz kam, war es nun höchste Zeit, den Besuch zu erwidern. Deutlich wurde bereits in den ersten Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen, dass bei aller Verschiedenheit der einzelnen Reviere in Bezug auf Naturraum und wirtschaftliche Voraussetzungen doch ähnliche Herausforderungen bei der Transformation der Land(wirt)schaft bestehen und dass Kooperationen zwischen Regionen - und insbesondere Land-Innovation-Lausitz und der Initiative BioökonomieREVIER - etliche Wege abkürzen sowie sinnvolle Synergien schaffen können.

Ins tiefste Loch Europas

Zunächst ging es zum Tagebau Hambach, das „tiefste Loch Europas“. Dort begrüßten Prof. Dr. Ulrich Schurr, Leiter des Institutes für Pflanzenwissenschaften, Forschungszentrum Jülich, und Vorsitzende des Beirates von Land-Innovation-Lausitz die Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Dann erklärte Elmar Kampkötter, Leiter der Rekultivierungsabteilung bei RWE, wie Rekultivierung im Rheinischen Braunkohle-Revier funktioniert. Bemerkenswert war, dass die Böden am Ende der Rekultivierung zum Teil bessere Eigenschaften aufweisen und sich aufgrund des hohen Lössgehaltes Bodenzahlen ergeben, von denen Brandenburger Landnutzer nur träumen können.

Neue Orte, große Höhen

Nach einem Abstecher nach Morschenich-Alt, dem durch den vorgezogenen Ausstieg aus dem Braunkohleabbau geretteten Ort am Hambacher Tagebau, und den faszinierenden Ausführungen von Bürgermeister Georg Gelhausen zu den zukünftigen Entwicklungsperspektiven des künftig „Bürgewald“ heißenden Ortes ging es weiter zur nächsten Station: den Agri-Photovoltaik-Versuchsanlagen des Innovationszentrums für Agrar-Robotik mit Vorstellung der Wirkungsweise verschiedener PV-Systeme und den dazu passenden vielversprechenden Nutzpflanzen durch Dr. Onno Muller vom FZ Jülich.

Nächster spannender Programpunkt war die Sophienhöhe, die mit über 200 m Höhe auch als größter künstlicher Berg der Erde bezeichneten Abraumhalde des Hambacher Tagebaus. Dort stellte das Team um Dr. Christina Kuchendorf, Dr. Nicolai Jablonowski und Dr. Arnd-Jürgen Kuhn vom Institut für Pflanzenwissenschaften des Forschungszentrums Jülich die Versuche des „Marginal Field Labs“ vor. Auf den geschütteten, extrem nährstoffarmen Böden werden dort auf unterschiedlichen Marginalitätsstufen Anbauversuche unter anderem mit der öl- und faserreichen Färberdistel angestellt, um herauszufinden, wie sich auf Grenzstandorten noch profitable Erträge erzielen lassen - Experimente, die auch für die Lausitz relevante Ergebnisse liefern können!

Innovative Fasernutzung

Den Abschluss eines aufschluss- und ereignisreichen Tages bildete der Besuch des Instituts für Pflanzenwissenschaften am FZ Jülich. Die dort von Dr. Holger Klose, FaserInnovationszentrum Zerkall, und Dr. Dominic Laaf, Modellfabrik Papier, vorgestellten Forschungsansätze rund um innovative Fasernutzung sowie neue Wege für die Papierfertigung zeigten einmal mehr, wie wichtig pflanzliche (Faser-)Rohstoffe für eine zukünftige Bioökonomie sind.Alles in allem war dies eine absolut lohnenswerte und sehr motivierende Exkursion ins Rheinische Revier: Viele neue Kontakte wurden geknüpft, bereits bestehende vertieft, neue Kooperationen wurden vereinbart.

Es wurde in den Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen deutlich, dass in Bezug auf Naturraum und wirtschaftliche Voraussetzungen ähnliche Herausforderungen bei der Transformation der Land(wirt)schaft bestehen und Kooperationen zwischen Regionen sinnvolle Synergien schaffen können.

"KMUs" als Schlüssel zum Erfolg

Weiter ging es mit der Vorstellung vom BioökonomieREVIER durch den Koordinator der Initiative, Christian Klar, sowie der mannigfaltigen Aktivitäten, die im Rheinischen Revier bereits angestoßen wurden. Hier wie dort sind KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) ein Schlüssel zum Erfolg des Strukturwandels, wobei eine große Hürde darin besteht, die Unternehmen von der Notwendigkeit und dem Nutzen der Transformation zu überzeugen. Eine weitere Herausforderung für beide Regionen ist der akute Fachkräftemangel, der sich zukünftig wohl weiter verschärfen wird.

Fazit: Die Bioökonomie in Deutschland ist - was die wissenschaftlichen Grundlagen angeht - schon sehr gut aufgestellt, doch hapert es aktuell bei der Umsetzung in die Praxis.


Elke Thiele, LIL