Das Ruhrgebiet mit guten Molkereiprodukten versorgen - das war der Plan einer Handvoll niederländischer Milchhändler bei der Gründung einer Molkerei im Jahr 1900. Die hieß damals noch nicht Söbbeke und Bio trug sie auch nicht im Namen. Dennoch liegen da die Ursprünge der Biomolkerei Paul Söbbeke, deren Produkte heute auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus ihre Liebhaber finden.
1929, 1950 und 1988 sind die drei Eckdaten, zu denen die Molkereigeschichte jeweils eine Wendung nahm. Am markantesten dürfte aber wohl die letztgenannte Jahreszahl sein: Sie markiert die Übernahme der Molkerei durch den Enkel der Gründer-Brüder Rogge aus Gronau, die die Molkerei 60 Jahre zuvor von den Niederländern übernommen hatten. Paul Söbbeke machte Ende der 1980er-Jahre aus der Molkerei eine Bio-Molkerei.
Lange Erfahrung mit Glas und Pfand
Nach Gronau-Epe, der heutigen Adresse, siedelte der Betrieb schon 1968 um. „Das große Grundstück bot damals ganz neue Möglichkeiten. Am innovativsten war wohl der Schritt ins Mehrwegsystem mit Glasflaschen und 500 g-Gläsern, für das wegen der Lagerung des Leerguts sowie dessen Reinigung sehr viel Platz nötig ist“, erklärt Matthias Flothmann, Milchlieferanten-Betreuer bei Söbbeke. Flothmann erläutert auch, dass ab Gründung der Molkerei Söbbeke im Jahr 1988 zunächst zwei Betriebe parallel unter einem Molkereidach liefen. „Bis 2003 hat Söbbeke auch konventionelle Milch verarbeitet. So haben wir zum Beispiel den Landliebe-Joghurt für Südmilch und Campina hergestellt.“ Rein technisch sei zuerst die Bio-Milch durch die Anlagen gelaufen, danach die konventionelle, erklärt er.
Und weil es vor rund 30 Jahren eine andere Kundenstruktur als heute gegeben habe und eine Molkerei das volle Sortiment anbieten musste, habe das als Frischemolkerei gestartete Unternehmen 1995 eine Käserei an einem zweiten Standort, in Rosendahl rund 25 km von der Hauptmolkerei in Gronau-Epe entfernt, gegründet. „Damit war Söbbeke breit genug aufgestellt für den Markt, den konventionellen ebenso wie den Bio-Markt.“

Seit 1968 befindet sich die Molkerei in Gronau-Epe. Das große Betriebsgelände ermöglicht auch das seit Jahrzehnten erfolgreich praktizierte Pfandflaschen- und -bechersystem.
100 % Bio
Mit der Verarbeitung von konventioneller Milch war 2003 endgültig Schluss; seitdem kommt die Milch ausschließlich von Demeter-, Bioland- und Naturland-Betrieben. Bis dahin habe man sich bei Söbbeke auf Naturjoghurt, Butter, Käse und damit auf reine Naturprodukte konzentriert. „Erst seit 1995 werden auch Fruchtjoghurts und Desserts hergestellt, was im Biobereich anfangs undenkbar war, denn dort musste alles ganz unverfälscht sein“, erklärt Matthias Flothmann den späten Schritt zu noch mehr Geschmacksvielfalt bei der Biomilchverarbeitung.
Mit diesem Sortiment an Bio-Milch und Bio-Molkereiprodukten konnte Paul Söbbeke sowohl den großen Fachhandel als auch Bioläden und Hofläden bedienen. „Seit sich der Lebensmitteleinzelhandel aber mit Bio beschäftigt, vermarkten wir unsere Bio-Produkte auch dort, unter anderem als eigene Handelsmarken deklariert. Durch diesen Einstieg beim LEH Ende der 1990er-Jahre waren größere Wachstumsschritte möglich“, nennt Flothmann einen der Gründe für die stetige Weiterentwicklung der Biomolkerei Söbbeke. So habe das Unternehmen unter anderem in neue Becheranlagen investiert. „Für effiziente Anlagen ist eine gewisse Absatzmenge unabdingbar. Die war durch das Bedienen der LEH-Handelsmarken gegeben.“
Eigene Marke nach vorne bringen
Nach Jahren der Expansion setzt das Unternehmen seit einiger Zeit nicht mehr auf Menge, sondern konzentriert sich wieder verstärkt auf Markenorientierung. „Wir möchten unsere Marke „Paul Söbbeke“ nach vorne bringen. Auch, um eine vernünftige Wertschöpfung über die Spezialisierung bei den eigenen Molkereiprodukten zu erzielen“, betont Matthias Flothmann. So werde zum Beispiel Milch aus Demeter-Betrieben separat verarbeitet und vermarktet. „Demeter ist derzeit sehr gefragt, wird aber ein mengenbegrenzter Zweig bleiben“, verrät Flothmann. „Wir vermarkten deutschlandweit, sind dabei aber definitiv eher nordlastig, da sich Bio-Frischmilch aus NRW nicht ganz so sinnvoll in Süddeutschland verkaufen lässt. Joghurt von Söbbeke findet man aber auch durchaus in Bayern“, schmunzelt der Verbindungsmann zu den Milchbauern.

Frischmilch und Joghurt werden in Glasflaschen und -becher gefüllt, die an das Unternehmen zurückgehen.


Neben den Frischmilchprodukten wird in der Käserei in Rosendahl Biokäse hergestellt.

Mit dem Käse wird auch die eigene Marke präsentiert. Fotos: Söbbeke
Gleicher Preis für alle
Von insgesamt 125 Biobetrieben, die in den klassischen Grünlandregionen Nordrhein-Westfalens und dem südlichen Niedersachsen liegen, holt Söbbeke aktuell Biomilch auf, teils alle zwei, teilweise alle drei Tage. Alle Milch - 60 Mio. kg jährlich - wird zunächst am Standort in Epe pasteurisiert, bevor sie in die verschiedenen Verarbeitungsschritte fließt. Der größte Teil bleibt in Epe, der Rest geht in die Käserei.
„Die Landwirte, die an uns liefern, kennen wir recht gut. Das schafft eine Vertrauensbasis, die sich auch im Preisgefüge widerspiegelt: Alle Lieferanten bekommen denselben Milchpreis, den wir so konstant wie möglich halten“, erläutert Matthias Flothmann. Ein Austausch untereinander finde auch auf den alljährlichen Lieferantenversammlungen statt. „Außerdem erreicht unsere Molkerei-Info jeden Liederanten zusammen mit der Milchpreisabrechnung“, so Flothmann. Auch dieser transparente Umgang sorge für eine offene Beziehung zwischen Molkerei und Landwirten.
Pflanzliche Joghurtalternativen
Übrigens wird in der Molkerei auch das „zarte Pflänzchen Milchalternativen“ beobachtet und gepflegt: Seit 2021 ergänzen Joghurts auf Kokosmilchbasis das Produktsortiment. „Kuhmilch wird bei Söbbeke aber immer am wichtigsten bleiben!“, verspricht Matthias Flothmann. Dieser Leidenschaft für Biomilch sei die Molkerei nun seit mehr als 30 Jahren verpflichtet.

Matthias Flothmann betreut im Unternehmen die Biomilcherzeuger. Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW