
Quelle: DLR Rheinland-Pfalz/KoGa
Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz und die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hatten am 22. Juni ins Kompetenzzentrum Gartenbau Klein-Altendorf eingeladen. Rund 15 Obstbauern waren nach Meckenheim gekommen, um sich über die Möglichkeiten einer Umstellung auf den ökologischen Obstbau zu informieren. Die meisten Interessenten waren aus der unmittelbaren Nachbarschaft zum Campus angereist - die Region rund um Meckenheim und Rheinbach ist bekannt für den intensiven Obstanbau.
Jürgen Zimmer, DLR Rheinland-Pfalz, stellte die Grundzüge des ökologischen Obstanbaus im groben Überblick vor. Auch im Obstbau gebe es, wie für den Ökolandbau im Allgemeinen, die Möglichkeit, zwischen EU-Bio und Verbands-Bio zu wählen, wobei für eine Verbandszugehörigkeit eine Umstellung des Gesamtbetriebes notwendig sei. „Demeter, Bioland und Naturland sind beim Obst die gängigsten Anbauverbände in Deutschland“, führte Zimmer in das Thema ein. Geregelt werde der Ökolandbau EU-weit durch die just aktualisierte EU Öko-Verordnung. „Diese hebelt aber nicht die nationale Gesetzgebung aus, wie das Pflanzenschutzgesetz, an das man sich auch als Ökobetrieb weiterhin halten muss“, so Zimmer.
Da der Pflanzenschutz bekanntermaßen deutlich eingeschränkt sei, müsse man im ökologischen Obstbau mehr im System denken. „Es gibt keine Feuerwehr-Präparate! Also sollte man von Beginn an versuchen, Schädlinge und Nützlinge, die es beide in dem verzweigten Ökosystem Baum zuhauf gibt, im Gleichgewicht zu halten“, gab der Berater zu bedenken. Schaderreger kämen in jedem Fall auf, wenn man die eingesetzten Mittel ändert. „Da muss man für einen entsprechenden Zeitraum eine Behandlung einplanen!“

Um den Obstanbau auch im ökologische Anbau zum Erfolg zu führen, empfahl Jürgen Zimmer eine Baustein-Strategie mit vorbeugenden Maßnahmen:
- Standortwahl für die Platzierung der passenden Sorte
- Förderung der Biodiversität
- Inokulum-Reduktion (Falllaubabbau)
- Anbau resistenter/robuster Sorten
- Angepasste Baumerziehung (Schnitt, Düngung)
- Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln
- Phytosanitäre Maßnahmen (Fruchtmumien entfernen)
- Nützlingsförderung
- Geschützter Anbau (Dach, Hagelnetze)
- Monitoring/Prognosemodelle nutzen (Schorf)
- Kulturmaßnahmen
- Mechanische Bodenbearbeitung
- Indirekte Regulierungsmaßnahmen
- Biologische und biotechnische Pflanzenschutzmaßnahmen
- Einsatz zugelassener Pflanzenschutzmittel.
„Wenn diese Bausteine ausgeglichen sind und aufeinander aufbauen, wird das System stabil. Trotzdem ist beim ökologischen Anbau immer damit zu rechnen, dass eine Unwägbarkeit das System auch zum Kippen bringen kann“, so Zimmer, der den Obstbauern zum Schluss noch das Angebot machte: „Wenn Sie tatsächlich in Richtung Umstellung denken, dann bietet sich dafür das Zweiergespräch an, zu dem Sie herzlich willkommen sind!“

Foto: Meike Siebel, Landwirtschaftskammer NRW
Ökologische Vielfalt in Obstanlagen
Über alle Bundesländer hinweg, federführend betreut von der Universität Hohenheim, wird in einem Projekt die Biodiversität in Bio-Obstanlagen und in Anlagen mit Integrierter Produktion (IP) untersucht und erarbeitet, wie Nützlinge gefördert werden können. 140 Obstbaubetriebe sind beteiligt, 400 ha Anlagenfläche stehen unter Beobachtung. „Das Projekt wird in den großen Obstbauregionen Deutschlands durchgeführt: Im Bodenseeraum, in Südbaden, im Neckarraum, an der Niederelbe/Altes Land, in Sachsen und eben auch in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Dadurch wird eine hohe Flächenwirkung gewährleistet“, erklärte Martina Zimmer, Uni Hohenheim, das Vorgehen.
Dabei werden in den Obstanlagen vier Maßnahmenpakete durchgeführt: Die Etablierung eines mehrjährigen Blühstreifens in der Fahrgassenmitte, ein mehrjähriger Hochstaudensaum am Fahrgassenrand, die Aussaat von Ankerpflanzen und das Aufstellen von Nisthilfen für Insekten und Vögel. „Das Angebot soll nicht nur ganzjährig den Nützlingen zur Verfügung stehen; auch die Betriebe sollen davon obstbaufachlich profitieren“, so Martina Zimmer. Das regelmäßige Monitoring habe ergeben, dass die Insektenpopulationen in den Blühstreifen signifikant zugenommen hätten. Auch die Anzahl der Wildbienen sei gestiegen. „Allerdings haben auch Feld- und Schermäuse zugenommen, weniger in den Fahrgassen mit Blühstreifen, dafür mehr im Baumstreifen. Hier ist zu empfehlen, die Baumstreifen frei von Aufwuchs zu halten und vor allem ständig auf Mäuse zu kontrollieren“, schlug die Referentin vor, diesem negativen Effekt von mehr Biodiversität in Obstanlangen zu begegnen.
Mehr zum Projekt sowie die Maßnahmenbeispiele finden Sie, reich bebildert, auf der Projektseite der Uni Hohenheim.
Die passende Anbaumethode für die Region
Tiefe Einblicke in die Vermarktung ihrer Obsterzeugnisse boten (v.l.n.r.) David Derkum und Hubert Bois vom Demeterhof Hubert Bois, Meckenheim, Alexander Krings von RheinBioFrucht in Rheinbach, Markus Schneider, Frutania, Meckenheim, mit Tobias Linnemanstöns; rechts außen Dr. Karl Kempkens, Landwirtschaftskammer NRW. Alle drei Vermarkter, die auch gleichzeitigen Erzeuger von Bio-Obst sind, waren sich einig: Im Rheinland, einem Ballungsraum mit Bio-affinen Städten und damit einer Region, in der man nicht zwangsläufig überregional vermarkten müsse, gibt es eine große Zukunft für die biologische Produktion von Obst und dessen Vermarktung. Gleichzeitig halten die Fachmänner die Importe von Bio-Obst vor allem aus Italien und Österreich, die den deutschen Markt fluten, für verheerend und appellierten auch an die Berufskollegen, den Bio-Obstanbau aufrecht zu erhalten und zu stärken und Bio für die Zukunft zu sichern. Dazu müssten die Biobetriebe kontinuierlich top Ware liefern, vor allem der LEH stelle hohe Ansprüche an Liefermengen, Geschmack und Optik von Bio-Obst! Der Bio-Obstanbau biete viele positive Denkansätze - auch für die konventionelle Schiene.

Organisiert produziert es sich besser
Johannes Nachtwey, Bio-Obstbauer in Grafschaft-Gelsdorf, stellte seinen Kolleginnen und Kollegen die Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO) vor. „In der FÖKO sind mehr als 200 Mitgliedsbetriebe und damit fast drei Viertel aller ökologisch produzierenden Obstbaubetriebe in Deutschland organisiert. In erster Linie geht es um einen fachlichen, offenen Austausch über alle relevanten Fragen des Bio-Obstanbaus“, fasste Nachtwey die Ausrichtung des Vereins kurz zusammen. So gebe es diverse Arbeitsgruppen zu Themen wie neuen Sorten und neuen Anbaumethoden beim Steinobstanbau oder für Beerenobst. Regelmäßig würden Exkursionen auf Betriebe unternommen.
Der FÖKO stehe darüber hinaus in engem Austausch mit Versuchsbetrieben und der Forschung, sodass die Praktiker stets von den neuesten Erkenntnissen profitieren könnten. „Mitgliedsbetriebe können auch die Dokumentationssoftware Pro Flura nutzen, eine Schlagkartei, auf der unter anderem Pflanzenschutz- und Düngemaßnahmen eingetragen und abgefragt werden können.“ Solch ein Informationssystem, das auf Daten aus der Praxis und der Forschung beruhe, sei gerade angesichts der immer weiter wachsenden Anzahl wegbrechender Mittel oder der Kupferminimierungsstrategie wichtig.
„Außerdem tauschen sich die Mitglieder regelmäßig über Ernte- und Lagermengen aus, was für die Vermarktung eine ganz wesentliche Rolle spielen kann!“, empfahl Johannes Nachtwey den Öko-Obstbauern in Spe eine Mitgliedschaft. „Es ist gut, wenn sich Neueinsteiger auf die Erfahrung und Meinung alter Hasen im Bio-Obstanbau verlassen können.“
Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW