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Ökolandbau NRW

Spezielle Speisepläne für Bio-affine Kunden

11.04.2025

„Seit mehr als einem Jahrzehnt steht Rebional für eine Gemeinschaftsverpflegung, die Mensch und Planet gleichermaßen schmeckt.“ So steht es einleitend in dem Kurzportrait der Rebional GmbH als Best-Practice-Beispiel der Initiative „NRW kocht mit Bio“, für die das Unternehmen mit Lage im südöstlichen Ruhrgebiet 2019 als Leuchtturmprojekt in NRW ausgezeichnet wurde. 

Auch gute sechs Jahre später geht es bei Rebional um „ehrliches Kochen mit vielen pflanzlichen Zutaten“, während die verwendeten Ressourcen mit dem gebührenden Respekt behandelt werden. Und damit sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso gemeint wie die Rohstoffe, die zu rund 80 % in Bioqualität eingekauft werden.

Drei verschiedene Speisepläne

Muster eines Speiseplans.

Das besagte Gemeinschaftskrankenhaus hat schon vor über 55 Jahren mit Bio angefangen - „da war der Weg für Rebional als Tochtergesellschaft von Anfang an vorgezeichnet“, meint Ingo Grottke. Grottke war vier Jahre Gastronomie-Betriebsleiter der Bio- Zentralküche in Herdecke und ist aktuell Netzwerkkoordinator für die Region West. „Im Jahr 2020 habe ich eine perfekte Küche übernommen, mit motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Bio-Anteil von rund 80 %. Das erleichtert es mir, aktuell noch mehr in die Fertigungstiefe zu gehen“, meint Grottke, selbst leidenschaftlicher Koch und als solcher immer wieder in der Großküche anzutreffen, um neue Rezepte vorzukochen und auszuprobieren. „Bei der Umstellung der Speisepläne werden alle Mitarbeiter mit einbezogen. Eine offene Kommunikation und Transparenz bei den Zutaten sind enorm wichtig!“, betont er.

Dass dabei alle im Team motiviert sind und gerne kochen und ausprobieren ist für das Gelingen der Speisen nicht ganz unwesentlich. Bis zu 7 000 Gerichte verlassen tagtäglich die Küche hier am Standort in Herdecke. An vielen weiteren Standorten von NRW bereitet Rebional täglich insgesamt 9 000 Essen zu. Die Besonderheit: „Wir kochen hier in Herdecke für drei verschiedene Zielgruppen. Das sind einmal die Patienten des Krankenhauses, die einen speziellen Diätplan haben, Dann sind das die Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenheimen, die ebenfalls eine an ihre Bedürfnisse angepasste Kost bekommen. Und wir beliefern Kindergärten und Schulen. Und dass das Menü für Kinder und Jugendliche ein komplett anderes ist als für Senioren, liegt auf der Hand. Für diese Ansprüche haben wir hier eine eigene Diätküche mit den entsprechenden Fachangestellten“, ergänzt der Betriebsleiter.

Ingo Grottke, Rebional
Ingo Grottke, Netzwerkkoordinator für die Region West, steht gerne selbst an den Pfannen und Töpfen.

Manpower vs Convenience

Allen Gerichten gemein ist der extrem hohe Anteil an handwerklich hergestellten Zutaten - industrielle Zutaten seien praktisch nicht nötig. Aber nicht nur die gängigen Bratlinge, Soßen, Pizzen und Nachtische werden selber hergestellt. „Wir machen auch Soja-, Reis- und Hafermilch oder Vanillezucker selber, außerdem Desserts, Fruchtjoghurts und Kuchen. Fertigprodukte kommen nicht auf den Tisch!“ 

Den hohen Anteil an handwerklicher Arbeit erklärt Ingo Grottke vor allem mit der Kostenstruktur. „Die Kalkulation mit hausgemachten Produkten und Speisen ist eine andere als mit einem hohen Convenience-Anteil. Zwar steigen mit dem Personal auch die Lohnkosten; aber das lohnt sich! Denn die Preise für den Zukauf von Fertigprodukten liegen deutlich darüber. Außerdem haben wir eine ganz tolle, moderne Küche und die Produktionskapazitäten sind vorhanden“, ist Grottke sehr froh über diese gute Arbeitsbasis. 

Mit viel Kochkunst und echtem Handwerk.... 

Ein gutes Beispiel für eigens hergestellte Speisen seien Pfannkuchen. „Die kann man natürlich auch schon fix und fertig kaufen, der Stückpreis ist für uns jedoch nicht interessant. Mit unseren Leuten und der technischen Ausstattung schaffen wir es aber und haben eine Einsparung im Wareneisatz von rund 70 % gegenüber einem Convenience-Produkt. Man muss lediglich den Speiseplan sehr geschickt zusammenstellen“, zeigt sich der Netzwerkkoordinator zufrieden, weiß aber auch um den Schatz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gerne vieles selber anrühren und zubereiten. „Die wissen den Wert eines Lebensmittels zu schätzen!“

Bratsstrasse in der Rebional-Bioküche
.... entstehen nachhaltige, gesunde und geschmackvolle Gerichte.

 

80 % Biozutaten

Abgesehen vom wirtschaftlichen Vorteil der handwerklichen Kochkunst zeige diese Methode natürlich auch in kulinarischer Hinsicht diverse Pluspunkte. „Selbstgemachtes macht den Unterschied in der geschmacklichen Tiefe, da kommt man mit Convenience nicht dran“, ist Grottke überzeugt. Egal, ob Gemüsebratling, Cevapcici oder Kartoffelsalat: Die Speisen dürfen weder uniform schmecken, noch überwürzt sein. „Übrigens liegt der Zuckeranteil in allen unseren Speisen bei maximal 5 %!“, betont er auch einen gesundheitlichen Aspekt der eigenen Produktion. 

Bioprodukte in der Großküche
Rund 80 % der Rohwaren und Zutaten sind Bio. 

Die geschickte Planung der Menüs macht es auch möglich, dass 80 % aller Zutaten in Bioqualität vorhanden sind. „Für die Pfannkuchen beispielsweise verwenden wir Biomehl, Bio-Eier und Biovollmilch. Nur der Zucker und das Backpulver sind konventioneller Herkunft.“ In der weiteren Entwicklung streben Grottke und sein Team an, täglich ein Gericht mit 100 % Bioanteil auszuloben. Der Einkauf der Biolebensmittel ist so regional wie eben möglich organisiert, die Erzeuger- und Verarbeitungsbetriebe liegen in einem Umkreis von knapp 100 km. So gehören Biofleisch NRW und Clostermann Organics ebenso zu den Lieferanten wie die Josef Hesse GmbH oder die Bäckerei Hagenkötter. (Eine Übersicht über die Lieferanten findet sich auf der Seite des MLV.)

Fehlende Rentabilität

„Die Bäckerei-Konditorei Hagenkötter hat sich extra biozertifizieren lassen, um uns mit Brot und Backwaren beliefern zu können“, berichtet Ingo Grottke. Andererseits sei eine Zusammenarbeit mit regionalen Biobetrieben vor allem auf der Erzeugerstufe nicht immer einfach. „Bei 7 000 Essen, die wir pro Tag zusammenstellen, müssen die Mengen kontinuierlich vorhanden sein. Am liebsten wäre uns natürlich der kleinere Biolandwirt oder Biogärtner um die Ecke, um Tomaten, Eier oder Obst zu beziehen. Hier passen aber leider unsere Bedarfsmengen und die Verfügbarkeiten nicht zusammen“, weiß er aus Erfahrung. Ähnlich verhalte es sich mit den Anbietern von Biofleisch. „From Nose to Tail, und damit die Ganztierverwertung, ist für uns interessant, aber mangels Metzger nicht möglich.“ 

Das Produktionssystem in der Zentralküche ist das so genannte Cook and Chill-Verfahren: Die Speisen werden täglich frisch gekocht, dann schnell heruntergekühlt und noch am nächsten Tag ausgeliefert.

Transportboxen

Rindfleisch und Geflügel stellten ohnehin einen großen Posten in der Beschaffung für Rebional da. „Geflügel in Bioqualität ist für uns eigentlich nicht realisierbar, da preislich nicht rentabel“, bedauert Grottke. Ein Versuch, das Fleisch von Bruderhähnen für die Verwendung in Dönern schmackhaft zu machen, sei eine große handwerkliche Herausforderung gewesen. „Wir haben das mit viel handwerklichem Aufwand mariniert und vorverarbeitet. Letzten Endes waren die Mengen ad hoc nicht lieferbar, unser Bruderhahn-Projekt ist an dessen Bezug gescheitert und wir mussten auf konventionelles Hähnchenfleisch -natürlich aus Bodenhaltung zurückgreifen.“ Wir arbeiten aber weiter an Lösungen, um endlich auch Geflügelfleisch unseren Gästen in Bio-Qualität anbieten zu können.

(Preis)Transparenz für die Kunden

Für Unterfangen wie das Bruderhahn-Projekt brauche man auch entsprechend affine Kunden. Ein gutes Beispiel sei die Stadt Hilden. „Hilden ist Fairtrade-Stadt und hat in ihrer städtischen Außer-Haus-Verpflegung einen hohen Bio-Anteil. Da wird nicht jeder Cent umgedreht. Es gibt auch einzelne Kindergärten oder Schulen, die auf uns zukommen und gerne Kunde werden würden. Da wir ein sehr transparentes Angebot haben, wissen die Kunden, wie sie kalkulieren müssen. Dabei können sie den Menüpreis in einem gewissen Rahmen selbst bestimmen“, erläutert Ingo Grottke die Preispolitik von Rebional. 

An öffentlichen Ausschreibungen wiederum beteilige sich das Unternehmen nicht. „Da können wir preislich nicht mithalten. Unsere Kunden wissen die Bioqualität zu schätzen und sind bereit, dafür auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.“ Auch deshalb, und weil sich Rebional nicht unter Wert verkauft, setzt dieses Unternehmen mit seiner Gemeinschaftsverpflegung ein „deutliches Zeichen für nachhaltiges Catering mit Bioqualität und zeigt, wie es gelingt, mit Respekt vor sämtlichen Ressourcen zu kochen“, um abschließen noch einmal aus den Bio-Leuchttürmen in der nordrhein-westfälischen Außer-Haus-Verpflegung zu zitieren. Die Strahlkraft scheint ungebrochen.


Meike Siebel,
Landwirtschaftskammer NRW