Was Szenario 2 bringt
Wenn die Eheleute von 55 bis Renteneintritt konservative Geldanlagen besparen, wie etwa ein Tagesgeldkonto oder einen Bausparvertrag, und dort im Schnitt 2 % Zinsen vor Steuern bekommen, müssten gut 730 000 € auf dem Konto sein, damit die Lücke von 2 000 €/Monat geschlossen werden kann. So würde das Geld unter sonst gleichen Bedingungen bis zum 90. Lebensjahr reichen. Wie in Tabelle 2 dargestellt, reicht selbst eine hohe Sparrate von 4 000 €/Monat über 10 Jahre nicht aus, um diese Summe zu erzielen.
Liegt die durchschnittliche Rendite bei 6 % vor Steuern, würden bei Renteneintritt gut 500 000 € benötigt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Eheleute in den nächsten 10 Jahren rund 3 400 €/Monat investieren. Hätten sie bereits mit Mitte 40 angefangen bei einem 20-Jahre-Sparplan, hätten rund 2 600 €/Monat ausgereicht, um mit niedrig verzinsten Kapitalanlagen die notwendigen 730 000 € aufzubauen. Bei einem 30-Jahre-Sparplan wären rund 1 700 €/Monat genug gewesen.
Was Szenario 3 bringt
Wird die Versorgungslücke auf 1 500 €/Monat aufgerundet und von etwas höher verzinsten Geldanlagen mit 4 % Rendite ausgegangen, müssten knapp 452 000 € bei Renteneintritt vorhanden sein. Um diese Summe in nur 10 Jahren zu erreichen, müssten immer noch rund 3 300 €/Monat investiert werden. Mit einem Aktien-ETF und einer unterstellten durchschnittlichen Rendite von 8 % würden gut 318 000 € ausreichen, um die Lücke zu schließen. Über 10 Jahre wären Sparraten von 2 000 €/Monat notwendig gewesen.
Zu spät dran – was dann?
Spätestens hier zeigt sich, dass die Meyers unter den getroffenen Annahmen zu spät dran sind, um mit konservativen Geldanlagen ihre Altersversorgung sicherzustellen. Sie werden dafür betriebliche oder private Vermögenswerte losschlagen müssen. Die Sauenhaltung sollten sie so lange wie möglich rentabel und ohne größere Investitionen weiterführen, um die Erträge für den Aufbau der Altersvorsorge zu nutzen. Die theoretisch notwendigen hohen Sparraten sind aus der aktiven Bewirtschaftung kaum zu leisten.
Familie Meyer beschließt durch eine anteilige Vermietung die monatliche Lücke etwas zu verkleinern. Wenn alle Stricke reißen, müssen eines Tages Vermögenswerte veräußert werden. Auch hochgegriffene Renditeerwartungen von 6 bis 8 % sind mit Tagesgeld, Festgeld und ähnlichen Anlageformen momentan nicht zu schaffen. Bei einem Aktien-ETF sind 10 Jahre Anlagedauer eher die Untergrenze. Die durchschnittliche Rendite der Vergangenheit von 6 bis 8 % ergab sich als Summe stark schwankender jährlicher Renditen. Daher sind Aktien-ETF nicht pauschal für jeden zu empfehlen.
Fazit
Wie immer gilt: Jeder Fall ist anders. Eine betriebsindividuelle Kalkulation ist nicht zu ersetzen. In der Praxis zeigen sich erhebliche Unterschiede in den Lebenshaltungskosten und Einkommensverhältnissen der Altenteiler. Es sollte bereits bei der Übernahme des Betriebs in jungen Jahren so kalkuliert werden, als würde am Ende des Berufslebens kein Nachfolger übernehmen. Am besten baut man von Anfang an konsequent eine private Altersvorsorge auf.
Christian Solle, Landwirtschaftskammer NRW